Als „mächtigster Mann der Welt“ wird der chinesische Präsident Hu Jintao während seines Österreichs-Besuchs immer wieder genannt, nachdem ihn das US-Magazine Forbes im Vorjahr diesen Titel verliehen und US-Präsident Barack Obama auf den zweiten Platz verwiesen hat.

Doch das ist ein Irrtum. Weder ist China die Weltmacht Nummer eins, noch ist Hu innerhalb der chinesischen Führung so mächtig.

Chinas Macht wird einerseits mit seinen Devisenreserven, andererseits mit den wirtschaftlichen Problemen der USA begründet. Aber auch als reine Wirtschaftsmacht ist China noch weit von den USA oder auch der EU entfernt. Es ist zwar die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, aber beim Pro-Kopf-Einkommen steht es auch nach Jahren des starken Wachstums bestenfalls im weltweiten Mittelfeld.

China hat zwar einige multinationale Konzerne, aber keine, die mit Apple, General Electric, ExxonMobil, oder Siemens vergleichbar wäre. Chinas Währung Yuan spielt international kaum eine Rolle, seine Führung bestimmte keine globalen Standards, und die Unternehmen keine  technologischen.

Ach ja, China wird auch den Euro nicht retten, auch wenn manche Europäer davon träumen. Es wird wohl weiterhin Euro-Staatsanleihen kaufen, weil es seine Dollar-Anlagen diversifizieren will und irgendwo seine Reserven investieren muss. Aber zur Lösung der Schuldenkrise trägt es dennoch wenig bei.

Bei den anderen Indikatoren liegt China noch weiter zurück: Militärisch spielt es nur regional eine Rolle, und politisch ist das Land traditionell isoliert, weil es mit keinem seiner großen Nachbarn – ob Japan, Vietnam oder Indien - verlässlich gute Beziehungen hat. Das schwächt jede Großmacht.

China mag zwar auf dem Weg hinauf sein, wenn es nicht von innenpolitischen Turbulenzen zurückgeworfen wird, aber vom Gipfel der Weltmacht ist es noch weit entfernt.

  Aber ist nicht der Diktator der zweitgrößten Macht mächtiger als der gewählte Präsident der Supermacht, vor allem wenn dessen Partei keine parlamentarische Mehrheit hat? Nun gut, Obamas Macht ist sicherlich eingeschränkt, aber Hus noch viel mehr.

Er ist Teil einer Kollektivführung, in der es nicht klar ist, wer das Sagen hat. Sein Vorgänger Jian Zemin war wahrscheinlich mächtiger.  Hu ist noch dazu auf dem Weg hinaus, ein „lame duck“. Die chinesische Innenpolitik wird durch die Übergabe an die nächste Generation geprägt, die von Hu höchstens mitentschieden wird.

Aber selbst die kommunistische Partei Chinas ist nicht gar so mächtig, wie es scheint. Ja, sie kann Dissidenten einsperren, Zensur ausüben und jedes Bauwerk errichten, das sie will. Aber noch mehr als demokratische Führungen ist sie getrieben von Faktoren außerhalb ihrer Gewalt.

Demokratische Regierungen sind um ihre Wiederwahl besorgt, was ihren Spielraum einschränkt. Aber eine diktatorische Clique wie die KPC hat noch eine größere Angst, nämlich den Verlust jener Stabilität, die ihr Überleben sichert. Sie muss nur in die arabische Welt schauen, um zu sehen, wie rasch auch stabile Regimes fallen können. Das gibt ihr kein Gefühl der Macht, sondern eher der Hilflosigkeit.

Hu Jintao mag sich zu Recht als sehr bedeutsame Persönlichkeit einschätzen – als überragend mächtig aber nicht.