Die "Europhorie" hat Polen voll erfasst. Wenn im Juni der Ankick zur Fußball-Europameisterschaft erfolgen wird, wird auch der Zloty rollen. Euros fließen dann zwar dank der Fantouristen massenweise ins Land, doch damit ist das Kapitel Gemeinschaftswährung auch schon erledigt. Ob in Warschau, Prag oder Budapest: Für die neuen EU-Mitgliedsstaaten ist der Euro derzeit kein Thema.

Und das dürfte sich so rasch auch nicht ändern, wenngleich sich alle Unionsmitglieder zum Eintritt in die Währungsunion verpflichtet haben, so sie nicht - wie Großbritannien und Dänemark - Ausnahmeregelungen vereinbart haben. "Die Nichtmitglieder haben Angst, entweder wie die Euro-Peripherie zu enden oder für diese zahlen zu müssen. Das sind keine rosige Aussichten", umreißt David Hauner die aktuelle Situation. Der für diese Region zuständige Chefökonom der Bank of America kann sich deshalb in den nächsten fünf Jahren keine größere Erweiterung vorstellen, denkbar sei höchstens der Eintritt Lettlands und Litauens, wo die lokalen Währungen bereits an den Euro gekoppelt sind. Ähnlich sieht das Vladimir Gligorov vom Wiener Osteuropa-Institut WIIW: "Die Eurokrise ist keine attraktive Einladung."

Zloty soll bleiben

In Polen ist die Mehrheit der Bevölkerung erstmals gegen die Aufgabe des Zloty. Auch in anderen neuen Mitgliedsländern hat sich die Stimmung deutlich verschlechtert, angeführt werden die Euro-Skeptiker von Tschechien, wo knapp drei Viertel der Befragten die Krone behalten wollen. Margarete Strasser von der Fondsgesellschaft Pioneer rechnet erst 2017 bis 2020 mit einem Zuwachs für die Gemeinschaftswährung - wobei auch in dieser Schätzung die beiden baltischen Staaten ausgenommen sind.

Die mangelnde Lust auf ständige Querelen und Hilfszahlungen für angeschlagene Euroländer ist freilich nur ein Teil der Geschichte. Zwar ist die Staatsverschuldung in Osteuropa traditionell weit geringer als jene im 17 Mitglieder fassenden Euro-Klub - dennoch sind die Beitrittshürden nicht allzu leicht zu nehmen. Selbst in Lettland und Litauen dürfte die 2014 angepeilte Euro-Einführung an der Inflation scheitern. Die Preisstabilität könnte auch Rumänien und Bulgarien einen Strich durch die Rechnung machen. Hauner verweist darauf, dass der Konjunkturabschwung in Westeuropa die Teuerung stark sinken lassen werde: "Damit wird es für die neuen Mitgliedsstaaten noch schwieriger, dieses Niveau zu erreichen."

Zinsfragen

Gligorov macht zudem auf ein bisher weniger beachtetes Kriterium aufmerksam: Die langfristigen Zinsen eines Euro-Aspiranten dürfen maximal zwei Prozentpunkte über dem Schnitt der drei Staaten mit der niedrigsten Inflation liegen. Gligorov: "Das ist unerreichbar."

Generell stehen die Zeichen an den östlichen Finanzmärkten wieder auf Sturm. Einige Währungen wie der Zloty sind seit dem Sommer bereits gehörig unter Druck geraten. Trotz der Verbesserungen bei den traditionellen Ungleichgewichten, vor allem dem Außenhandelsbilanzdefizit, gilt die Region bei allen Unterschieden nach wie vor als verwundbar. Die Warnungen von Experten erinnern an Ende 2008, Anfang 2009, als CEE anstelle des ständig wachsenden Kapitalzuflusses plötzlich mit Abflüssen konfrontiert war. "Die Abhängigkeit von der Finanzierung durch westeuropäische Banken ist nach wie vor groß - inklusive Russland", betont Stratege Hauner. Nachsatz: "Die große Bedeutung der Fremdwährungskredite erhöht das Risiko zusätzlich." (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Printausgabe, 2.11.2011)