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Benjamin Netanyahu, Regierungschef

Foto: AP/Scheiner

Jerusalem - Nach der Aufnahme Palästinas in die Unesco hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine Beschleunigung des Siedlungsausbaus in Ost-Jerusalem und im Westjordanland angeordnet. Netanyahus Büro teilte am Dienstagabend mit, es handle sich um etwa 2.000 Wohneinheiten in Jerusalem, Gush Ezion sowie in der Siedlerstadt Maale Adumim. Der Siedlungsausbau sei in Regionen geplant, die im Rahmen jedes künftigen Friedensabkommens in israelischer Hand bleiben sollten, hieß es in der Mitteilung.

Netanyahu habe die Anweisung nach einer ersten Beratung seines engen Ministerkreises erteilt. 1.650 Wohnungen würden in Ostjerusalem gebaut, die übrigen in der Siedlung Maale Adumim. Über weitere Schritte solle bei dem nächsten Gespräch des Forums beraten werden. Der Regierungschef hatte die Minister versammelt, um die Reaktion Israels auf die Aufnahme Palästinas durch die Unesco abzustimmen. Israel hatte die Entscheidung scharf kritisiert.

Palästinensische Gelder werden einbehalten

Israel habe außerdem einen vorläufigen Stopp der Steuer- und Zollrückzahlungen an die Palästinenser beschlossen, sagte ein Mitarbeiter der Regierung am Dienstag. Dabei gehe es um Beträge in Millionenhöhe. Diese Entscheidung gelte bis zu einem endgültigen Beschluss bei einer weiteren Sitzung, die in den kommenden Tagen erwartet werde. "Man kann nicht von Israel erwarten, dass es ruhig dasitzt, während die Palästinenserbehörde sich weigert, den Raketenbeschuss (aus dem Gazastreifen) zu verurteilen", sagte er.

Die Palästinenser haben die Entscheidung der israelischen Regierung zum Ausbau der Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten umgehend verurteilt. Die Entscheidung führe dazu, "die Zerstörung des Friedensprozesses zu beschleunigen", erklärte das Präsidialamt der Palästinenser. Der Stopp der Geldzahlungen sei unmenschlich.

Die Palästinensische Autonomieverwaltung fordert einen Baustopp in den Gebieten, die sie als Teil ihres künftigen Staates sieht, darunter den Osten Jerusalems. Der Siedlungsbau ist einer der wichtigsten Streitpunkte bei der Aufnahme von Friedensverhandlungen, die seit langem brach liegen und wird auch von Verbündeten Israels kritisiert.

Die USA wollen als Reaktion auf die Aufnahme Palästinas in die UNO-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur ihre Beitragszahlungen an die Unesco einstellen - ein Schock für die Organisation. Washington bestreitet 22 Prozent des Unesco-Etats. Die USA hatten bereits zwischen 1984 und 2003 die UNESCO boykottiert.

Einen Tag nach den USA hat auch Kanada wegen der Aufnahme der Palästinenser in die UNO-Kulturorganisation UNESCO Zahlungen an die UNO-Organisation ausgesetzt. Die Aufnahme der Palästinenser sei nicht im besten Interesse des Friedens im Nahen Osten, erklärte Außenminister John Baird am Dienstag. Jährlich unterstützt Kanada die Arbeit der Organisation mit umgerechnet über sieben Millionen Euro.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte die Unesco-Mitglieder auf, praktische Lösungen zu finden, um den Haushalt der Organisation zu sichern. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Besuch in Abu Dhabi: "Ich hoffe, Washington wird diese Entscheidung überdenken."

Deutschland: Israel muss Siedlungsbau sofort stoppen

Die Bundesregierung verlangt von Israel einen sofortigen Stopp des Siedlungsbaus in den besetzten Palästinensergebieten. „Wir fordern die israelische Regierung auf, alle Siedlungsaktivitäten ohne Verzug einzustellen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Sie seien völkerrechtswidrig „und durch nichts zu rechtfertigen". Israel solle stattdessen die Wiederaufnahme von Verhandlungen in den Mittelpunkt rücken. Andernfalls werde fahrlässig eine Eskalation des Konfliktes riskiert. Israel und Palästinenser müssten aus dieser „gefährlichen Spirale" aussteigen.  (APA, Reuters)