Berlin, Wien - Österreich wird im Langzeitvergleich zunehmend als korruptes Land wahrgenommen, dies geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten „Korruptionswahrnehmungsindex" (CPI) von Transparency International (TI) hervor. Mit 7,8 Punkten rangiert das Land derzeit im internationalen Vergleich auf Rang 16 - was ja noch nicht so schlecht klingt, wie auch die Organisation einräumt. Verglichen mit demokratisch hoch entwickelten Industriestaaten aber sei Österreich heuer "nur mehr im eher schlechten Mittelfeld" platziert, heißt es. TI attestiert Österreich daher ein „beständiges leichtes Absinken".

Der Index bezieht sich auf eine Punkteskala von null (Wahrnehmung umfassender Korruption) und zehn (völlige Korruptionsfreiheit) und misst die Einschätzung der Verbreitung von Korruption im gesamten staatlichen Sektor durch Unternehmensberatungsagenturen und das Management international tätiger Unternehmen.
In dieser Erhebung hat Österreich in den vergangenen sechs Jahren an Boden verloren: Von Rang zehn 2005 auf Rang 16 im heuerigen Jahr. Der Punktewert sank von 8,7 auf 7,8, wobei TI darauf hinweist, dass die Punktewerte aufgrund methodischer Änderungen nur eingeschränkt vergleichbar seinen, dies aber keine Auswirkungen auf die Position im internationalen Vergleich habe.

Vergleichbar mit Großbritannien

Deutlich ist der Trend laut TI auch, wenn man Österreichs Platz in Bezug zu den Werten entwickelter Industriestaaten bzw. von Ländern mit langjähriger demokratischer und rechtsstaatlicher Tradition (insgesamt 23, darunter die EU-15, Nordamerika und Japan) setzt. Dies ist nach Ansicht der Korruptionsbeobachter auch die einzige "tatsächlich vergleichbare Staatengruppe". 2005 lag Österreich hier auf Platz neun - hinter den skandinavischen Staaten, Neuseeland, der Schweiz und Australien. Heuer ist es gemeinsam mit Großbritannien Rang 14 geworden. Österreich liege "damit aktuell nur mehr im eher schlechten Mittelfeld", so die Organisation.

Die Organisation rechnet damit, dass sich das „schleichende Absinken Österreichs" fortsetzen wird, wenn die Politik nicht „unverzüglich" und „energisch" gegensteuert. Der Abwärtstrend im Wahrnehmungsindex hat allerdings auch damit zu tun, dass seit 2006 Korruptionsaffären hierzulande „mit zunehmender Intensität" diskutiert würden, hält TI fest. Daher sei die Platzierung „nicht notwendigerweise Ergebnis einer tatsächlichen Zunahme von Korruption im öffentlichen Sektor", wird betont. Und: Die meisten aktuell im Rampenlicht stehenden Korruptionsfälle lägen ja schon länger zurück, doch frühere eher „verdeckte" Korruptionsprobleme würden mittlerweile auch „international verstärkt wahrgenommen".

Korrupteste und sauberste Länder

Somalia und Nordkorea sind nach Erkenntnissen von Transparency International die korruptesten Länder der Welt. Für die Anti-Korruptions-Organisation bilden sie mit der Bewertung 1,0 das gemeinsame Schlusslicht einer 183 Länder umfassenden Liste. Auf der Transparency-Bewertungsskala von null (höchst korrupt) bis zehn (sehr sauber) erreicht Neuseeland 9,5 und ist damit das Land, in dem es am wenigsten korrupt zugeht. Die EU-Länder Finnland und Dänemark (je 9,4) sind dem Spitzenreiter dicht auf den Fersen. Österreich (7,8) liegt mit Barbados und Großbritannien auf Rand 16.

Von den großen Staaten liegen Deutschland und Japan auf Platz 14, die USA kommen auf Platz 24. China erreichte den 75. Rang, Russland verbesserte sich vom 154. auf den 143. Rang.

Verschwendung, Schmiergeld, Intransparenz

Korruption plage unverändert viele Länder, erklärte Transparency International bei der Vorlage seines Jahresberichts am Donnerstag. Gründe für viele Proteste in der Welt seien die Verschwendung öffentlicher Mittel, Schmiergeldzahlungen und undurchschaubare Entscheidungsprozesse. Ganz gleich, ob es um die Krise der Eurozone oder die Volksaufstände in der arabischen Welt gehe, müssten die Politiker Forderungen nach besserem Regierungshandeln erfüllen, sagte die Transparency-Vorsitzende Huguette Labelle.

Zwei Drittel der von der Organisation unter die Lupe genommenen Länder erreichten weniger als 5,0 Punkte. So liegen die meisten Länder des "Arabischen Frühlings" in der zweiten Hälfte der Liste und werden geringer als 4,0 bewertet. Und unter den EU-Ländern rangieren jene Staaten der Eurozone am unteren Ende der Skala, die auch wegen Fehlschlägen im Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung von der Schuldenkrise besonders hart getroffen wurden. Italien und Griechenland nehmen die Plätze 69 beziehungsweise 80 ein. Schlechter liegt in der EU nur noch Bulgarien (3,3 und Rang 86).

Durch jahrzehntelange Korruption würden die Volkswirtschaften selbst und der Glaube an die öffentlichen Institutionen untergraben, erläuterte TI-Geschäftsführer Cobus de Swardt. Wenn ein Staat es nicht fertig bringe, die Korruption und die Steuerflucht einzudämmen, so gingen dadurch zum einen Milliardenbeträge verloren, zum anderen erhielten die Bürger den Eindruck, dass es "Teil des normalen Lebens" sei, den Arzt und den Finanzbeamten zu "schmieren". Vor drei Jahren erstellte TI einen Bericht zur Korruption in Griechenland, aus dem hervorging, dass eine Durchschnittsfamilie dort jährlich 1.450 Euro an Schmiergeldern zahlt. (APA/Reuters)