Bild nicht mehr verfügbar.

Obdachlose sitzen in der Gruft beim Essen zusammen.

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Bild nicht mehr verfügbar.

Zur Ausstattung der Gruft gehören auch Waschmöglichkeiten.

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Bild nicht mehr verfügbar.

Caritas-Chef Michael Landau und einer der Gruft-Besucher

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Im Vorjahr haben sich in Wien so viele "neue Obdachlose" wie noch nie an die Caritas gewandt: 3.000 Menschen hatten 2010 erstmals keine Wohnung, berichtete Caritasdirektor Michael Landau am Donnerstag in den Räumlichkeiten des Obdachlosen-Betreuungszentrums Gruft unter der Mariahilfer Barnabitenkirche. 2009 waren es noch 2.600 Personen, die Hilfe suchten. Auch heuer sei keine Entspannung zu erwarten, wurde im Rahmen der Präsentation der neuen Kampagne zum "Gruft Winterpaket" angekündigt.

2011 werde wieder mit mehr als 3.000 "neuen Obdachlosen" gerechnet. Ein Drittel derjenigen, die sich wegen Wohnproblemen an die Caritas wandten, war unter 30 Jahre alt. "Die Menschen sind erschreckend jung", stellte Landau fest. 2010 wurden insgesamt 22.908 Nächtigungen in der Gruft verzeichnet, die heuer ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert. Derzeit schlafen pro Nacht rund 70 Personen in den Räumlichkeiten.

"Druck nimmt zu"

Auch die Nachfrage nach warmen Mahlzeiten in der Gruft wird immer größer: 2010 wurden 87.670 Speisen ausgegeben - mehr als je zuvor. Vor zehn Jahren seien es noch 58.500 gewesen. Heuer rechnet die Caritas mit einem weiteren Anstieg auf hochgerechnet rund 90.000 Mahlzeiten. "Viele, die hierher kommen, haben noch eine Wohnung, können sich aber die warme Mahlzeit nicht leisten", erklärte Landau. Zudem suchten im Vorjahr 1.357 Personen Rat bei den Sozialarbeitern der Gruft - ungefähr dreimal so viele wie vor zehn Jahren.

"Der Druck auf die Menschen am Rande der Gesellschaft nimmt zu", stellte Landau fest. Er forderte die Politik auf, "bei den notwendigen Sparmaßnahmen die sozial Schwächsten besonders im Auge zu behalten". Es brauche Fairness und Gerechtigkeit, damit aus der Wirtschaftskrise nicht eine soziale Krise resultiere: "Hier warne ich vor sozialen Unruhen auch in Österreich." Obdachlosigkeit könne jeden treffen, mahnte er: "Wir sehen, dass es oft sehr rasch gehen kann, dass Menschen den Boden unter den Füßen verlieren." Auslöser für eine Spirale abwärts könnten der Verlust der Arbeit, eine Erkrankung oder auch das Zerbrechen einer Beziehung sein.

Tageszentrum soll entstehen

Durch den Anstieg der Hilfesuchenden steigt auch der Bedarf an finanziellen Mitteln. "Schon kleine Spenden machen einen großen Unterschied", betonte Landau. Diesen Winter haben Österreicher die Möglichkeit, mit einem "Gruft Winterpaket" um 50 Euro zu helfen. Damit werden ein schneefester Schlafsack und warmes Essen für einen Menschen auf der Straße finanziert. Nach Schätzungen der Caritas-Streetworker schlafen derzeit einige Hundert Obdachlose in Wien trotz zunehmender Kälte im Freien.

Landau betonte, dass die Türen der Gruft jedem, auch Ausländern, offen stehen: "Wir weisen niemanden ab." Laut Gesetz hätten Ausländer - so wie in allen anderen Obdachloseneinrichtungen der Stadt - kein Recht auf einen Schlafplatz. Es gibt jedoch eine "zweite Gruft" im Bezirk Neubau, die speziell für EU-Ausländer gedacht ist - an diese würde auch gezielt verwiesen werden. Landau berichtete auch, dass er gehört habe, dass die Stadt ihre Notquartiere öffne: "Weil uns das Ziel verbindet, dass gerade im Winter niemand obdachlos und unversorgt auf der Straße stehen soll."

Seit mittlerweile 25 Jahren dient die Gruft als Zufluchtsort für wohnungslose Männer und Frauen. Bis Anfang 2013 soll sie um ein Tageszentrum im Pfarrhof erweitert werden. Einige Anrainer hatten aus Sorge um die Bäume im Pfarrhof Widerstand gezeigt. Landau betonte, dass die Sorge ernst genommen werde: "Wir sind dazu im Gespräch mit den Anrainerinnen und Anrainern." Er, Landau, habe aber den Eindruck, dass die Gespräche sehr gut und konstruktiv verlaufen: "Ich bin daher zuversichtlich, dass wir zu einer guten Lösung kommen werden." Es solle möglichst viel Grün erhalten bleiben, versicherte er. In den bisherigen Räumen unter der Kirche soll künftig nur mehr geschlafen werden. (APA)