Wien - In der Meinl-Anlegeraffäre liegt ein neues höchstgerichtliches Urteil vor - diesmal bekam die Meinl Bank Recht. Es ging um die Frage, ob das Geldhaus MEL-Anlegern das falsche Produkt geliefert hat, nämlich Zertifikate statt Aktien. Obwohl die Wertpapiere in den Werbematerialien der Bank als "Aktien" bezeichnet wurden, besteht laut Oberstem Gerichtshof (OGH) "kein Zweifel", dass die sogenannten Austrian Depositary Certificates (ADC) Vertragsgegenstand wurden - und nicht Namensaktien der Meinl European Land (MEL). Dies teilte die Meinl Bank am Donnerstagnachmittag mit.

Das OGH-Urteil war mit Spannung erwartet worden; Anlegeranwälte hatten große Hoffnungen in das Höchstgericht gesetzt. Hätte der OGH in der Frage "Aliud" (Lieferung des falschen Produkts) zugunsten der Kläger entschieden, hätten wahrscheinlich sämtliche Anleger der ehemaligen Meinl European Land (MEL) ihre Kaufverträge mit der Meinl Bank rückabwickeln können. Sie hätten also ihr Geld - zuzüglich mindestens vier Prozent Zinsen - zurückbekommen.

Zug abgefahren

Auf jene MEL-Anleger, die die Meinl Bank wegen Irrtums oder Schadenersatzes verklagt haben, hat das nunmehrige OGH-Urteil keine Auswirkungen, sagten mehrere mit dem Fall befasst Juristen. "Aliud wäre nur eine zusätzliche Möglichkeit gewesen, dass sie zu ihrem Geld kommen." Wobei bei Irrtum und Schadenersatz die Verjährungsfristen schon abgelaufen sind. Für jene also, die noch nicht vor Gericht gezogen sind bzw. sich nicht dem Meinl-Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben, dürfte der Zug nun endgültig abgefahren sein.

Die meisten mutmaßlichen MEL-Geschädigten haben ihre Ansprüche aber ohnehin schon vor Längerem bei Gericht eingebracht und sich zum überwiegenden Teil auf Irrtum und/oder Schadenersatz berufen.

In der Frage, ob die Meinl Bank Anleger mit ihrer MEL-Werbung in die Irre geführt hat, hat der OGH bereits mehrfach Anlegern Recht gegeben.

Für Meinl Bank "richtungsweisend"

Den nunmehrigen OGH-Entscheid zu "Aliud" bezeichnete die Meinl Bank heute als "richtungsweisend". "Damit herrscht in einer der wesentlichen zivilrechtlichen Fragen des so genannten MEL-Diskurses Klarheit: Die Bank, die als Dienstleisterin der MEL im Rahmen des Rechts gehandelt hat, hat mit den MEL-Zertifikaten das vertraglich vereinbarte Produkt geliefert", so Bankvorstand Peter Weinzierl.

Das Finanzinstitut zitiert aus dem OGH-Urteil: "Dort (in Werbematerialien der Bank; Anm.) werden die Wertpapiere zwar 'Aktien' genannt, es wird aber gleichzeitig auf den Börsenkurs abgestellt ... . Damit war klar, dass es sich um die auf dem Kapitalmarkt tatsächlich vorhandenen Papiere handelte. Die Beklagte musste daher annehmen, dass sich die Kaufaufträge auf die in den Werbeunterlagen dargestellten und auf dem Kapitalmarkt tatsächlich gehandelten Papiere bezogen. Das waren offenkundig nicht die (eigentlichen) Namensaktien, sondern die ADC." Die Meinl Bank habe daher die Erklärung der Kläger objektiv nur so verstehen können, "dass sie das von der Beklagten tatsächlich angebotene, auf dem österreichischen Kapitalmarkt handelbare Wertpapier kaufen wollten. Dem hat sie zugestimmt", heiße es in dem Urteil. Damit bestehe "kein Zweifel, dass - unabhängig von der in den Verkaufsprospekten aufscheinenden Bezeichnung 'Aktie' - liquide und börsefähige Wertpapiere, nämlich die ADC (und nicht Namensaktien der MEL) Vertragsgegenstand wurden."(APA)