Zum Teilergebnis der ersten Runde der Parlamentswahlen in Ägypten gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Bei diesem ersten Wahlgang wurde vor allem in jenen Provinzen gewählt, in denen die Islamisten besonders stark sind. Das gilt ganz besonders für die salafistische Nur-Partei, die die Muslimbrüder wie einen lauwarmen Verein aussehen lässt. Sie ist eher ein lokales Phänomen. Andere Landesteile haben auch ihre Salafisten, aber diese dürften nicht so stark sein.

Die schlechte Nachricht: Die veröffentlichten Resultate beziehen sich ja auf die Personenlisten (um Stichwahlen zu ermöglichen). Die Parteilistenergebnisse der ersten Runde, die erst im Jänner kommen, werden für die Islamisten noch besser ausfallen, da haben Unabhängige und Vertreter kleinerer Gruppen noch weniger Chancen.

Warum so viele Ägypter und Ägypterinnen die Islamisten wählen? Sie sind ungetestet - und das hässliche Gesicht von Mubaraks Polizeistaat war säkular. Wenn sie keine Wunder vollbringen, dann werden sie wieder abgewählt. Sorge ist dennoch angebracht, denn eine islamistische Verfassung - das nächste Parlament wird sie schreiben - wird man schwer wieder los. Mit zwei großen islamistischen Blöcken - Muslimbrüder und Salafisten - gibt es, anders als in Tunesien für Ennahda, einen Wettbewerb in Sachen Islam. Und der säkulare Teil des Tahrir-Platzes - das lässt sich nicht leugnen - hat vom Wähler wenig Auftrag. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2011)