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Kein Geld und rechtliche Probleme: Das Projekt Berufsheer wackelt.

Foto: Ronald Zak/dapd

Wien - Mit den von Verteidigungsminister Norbert Darabos geplanten Pilotprojekten zur Erprobung eines Berufsheeres soll es gravierende Schwierigkeiten geben. Wie kürzlich aus dem Ministerium zu erfahren war, sollen sie nicht wie geplant am Jahresbeginn 2012, sondern erst zu Jahresmitte starten. Grund dafür dürften finanzielle und rechtliche Probleme sein. Entsprechende Bedenken wurden bereits im Oktober in einem Papier der Sektion I festgehalten. Der APA liegt nun ein weiteres internes Papier vor, in dem nun erstmals Zahlen genannt werden. Demnach braucht Darabos alleine für die Aufstellung einer Milizkompanie von etwa rund 100 Milizsoldaten mehr als 700.000 Euro pro Jahr. Darabos sagt über das betreffende Papier: Es sei "nicht politisch akkordiert und ist somit für die politische Diskussion nicht relevant". Sein Pilotprojekt wolle er weiterhin durchziehen.

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Prämien-Modell

Die Milizkompanie ist nur eine von mehreren Komponenten der Pilotprojekte. Daneben soll auch noch ein Musterverband, der ausschließlich aus Berufs- und Zeitsoldaten besteht, aufgestellt werden. Auch dafür müsste Geld in die Hand genommen werden, denn die Grundwehrdiener, die derzeit Systemerhalter-Aufgaben erfüllen, müssten durch Berufssoldaten ersetzt werden. Und diese kosten deutlich mehr.

Laut den internen Berechnungen des Ministeriums bräuchte man für die Aufstellung einer Pionierkompanie mit 115 Milizsoldaten mindestens 730.000 Euro pro Jahr. Alleine die von Darabos vorgesehene Jahresprämie von 5.000 Euro pro Soldat würde 575.000 Euro kosten. Im Budget für 2012 hat das Ministerium für diesen Posten allerdings nur 379.000 Euro zu Verfügung. Dieses Geld reicht nur für ca. 75 Milizsoldaten, heißt es in dem Papier.

Um sein Prämien-Modell zu erproben, könnte der Minister freilich umschichten. Das würde allerdings bedeuten, dass das Geld woanders weggenommen werden müsste; dabei ist das Bundesheer im Zuge der anstehenden Budgetkonsolidierung jetzt schon mit Einsparungen von 600 Mio. Euro bis 2015 konfrontiert; und das könnte mit dem neuen Sparpaket noch mehr werden, wie Generalstabschef Edmund Entacher diese Woche sagte.

Probleme mit dem Wehrgesetz

In dem Papier heißt es wörtlich, dass das Projekt unter den gegebenen finanziellen Bedingungen "ohne gravierende nachteilige Auswirkungen für die übrigen Milizverbände (...) nicht durchführbar ist, da ohne zusätzliche Mittel für Anerkennungsprämien nicht einmal eine PiKp (Pionierkompanie, Anm.) (...) darstellbar wäre!".

Das fehlende Geld ist allerdings nicht das einzige Problem, das sich bei der Miliz auftut. Nach dem Darabos-Modell müssten die Milizsoldaten viel öfter üben, als es derzeit für niedrigere Ränge (so genannte Mannschaftsfunktionen) gesetzlich möglich ist. Gegenwärtig sind im Wehrgesetz höchstens 30 Übungstage ohne Zustimmung des Arbeitgebers innerhalb von zwei Jahren zulässig. Das Pilotprojekt sieht allerdings 20 Tage pro Jahr vor. Diese Mannschaftsfunktionen stellen zwei Drittel der Kompanie.

Ein noch größeres rechtliches Problem ergibt sich jedoch bei der Einberufung dieser Soldaten, wie aus dem Papier weiters hervorgeht. Um das Projekt wie vorgesehen zu erproben, müssten die Soldaten zu einem Einsatz einberufen werden. Eine solche Einberufung zum Einsatzpräsenzdienst - besser bekannt als "Mobilmachung" - erfordert allerdings mehrere legistische Schritte. Eine Mobilmachung sieht einen Vortrag des Ministers an den Nationalen Sicherheitsrat, eine Empfehlung des Sicherheitsrats an die Bundesregierung sowie einen Ministerratsvortrag mit Ministerratsbeschluss vor. Da die ÖVP gegen ein Berufsheer und folglich auch gegen Darabos' Berufsheerversuche ist, ist es kaum vorstellbar, dass der Ministerrat einer solchen "Mobilmachung" zustimmt.

Zu Übungen werden Milizsoldaten bereits jetzt mittels eines einfachen Einberufungsbefehls herangezogen. Darabos will allerdings Milizsoldaten auch bei Einsätzen verwenden - und dies geht nur mittels Mobilmachung, wie das Papier des Verteidigungsministerium sagt.

Darabos: "Die Pilotprojekte ziehe ich auf jeden Fall durch"

Darabos hält an den angekündigten Pilotprojekten zur Erprobung eines Berufsheeres fest. Mehrkosten seien bei einem Gesamtbudget seines Ministeriums von 2,1 Mrd. Euro verantwortbar, sagte Darabos am Sonntag gegenüber der APA. Die Gegner des Berufsheeres hätten offenbar Angst vor einem Erfolg der Projekte und würden versuchen, das Vorhaben bereits im Vorfeld mittels "Desinformationspolitik" zu diskreditieren, aber, so der Minister: "Die Pilotprojekte ziehe ich auf jeden Fall durch."

Er werde sich durch "von Reformverweigerern gesetzte Querschüsse" nicht beirren lassen, betonte der Minister. Darabos verwies darauf, dass der Generalstab bis Mitte Jänner Zeit habe, seinen Auftrag zur Vorbereitung der Pilotprojekte zu erfüllen. Danach werde die politische Bewertung erfolgen.

Nach Angaben des Stabschefs des Verteidigungsministeriums, Karl Schmidseder, laufen die Arbeiten an den Pilotprojekten "plangemäß". Dies gehe auch unmissverständlich aus einer schriftlichen Ministerinformation des Generalstabs vom Dezember hervor. Anfang des Jahres werde es eine "politische Entscheidung durch den Minister mit klaren Aussagen zu den Kosten, die mit dem Generalstab akkordiert sind, geben". Danach könne man mit den Projekten starten, so Schmidseder in einer Aussendung. (APA)