Moskau  - Bei den Protesten der Regierungskritiker in Russland hat die Polizei zu Silvester mehrere Dutzend Oppositionelle festgenommen. In Moskau kamen mindestens 70 Demonstranten kurzzeitig in Polizeigewahrsam, in St. Petersburg etwa 10. Alle Festgenommenen seien noch vor Mitternacht wieder freigekommen, berichteten Medien am Sonntag. Die nicht genehmigten Kundgebungen hingen nicht direkt mit den jüngsten Demonstrationen für freie Wahlen mit Zehntausenden Teilnehmern zusammen. Ministerpräsident Wladimir Putin, der heuer nach vierjähriger "Pause" wieder Präsident werden will, nannte diese Proteste, die sich auch gegen ihn gerichtet hatten, "nichts Ungewöhnliches".

Putin wünschte allen Bürgern nach den Massenprotesten gegen Wahlfälschungen bei der jüngsten Parlamentswahl ein frohes neues Jahr - "ohne Rücksicht auf ihre politische Gesinnung". "Denjenigen, die mit Linksaußen sympathisieren, und denjenigen, die rechts stehen, oben, unten, ganz wie sie wünschen", sagte Putin in seinen Neujahrsgrüßen. Er will sich am 4. März wieder in den Kreml wählen lassen. Bei der letzten Präsidentenwahl durfte er nach zwei Perioden in Folge seit 2000 nicht antreten.

Putin lehnt einen erneuten Urnengang ab

Bei den Parlamentswahlen am 4. Dezember hatte Putins Partei "Geeintes Russland" trotz erheblicher Stimmenverluste ihre absolute Mehrheit verteidigt. Die Opposition wirft ihr Wahlfälschung vor. Putin lehnt einen erneuten Urnengang ab.

Mit Blick auf 2012, das nach dem östlichen Kalender ein Jahr des Drachen ist, sagte Putin: "Ich bin im Jahr des Drachen geboren worden. In der Regel hatten wir in solchen Jahren immer eine glückliche Zeit. Ich hoffe, dass der Drache auch in diesem Jahr jeder russischen Familie viel Glück bringt, Wohlstand und Gesundheit."

Der scheidende Staatspräsident Dmitri Medwedew rief dazu auf, alle Schwierigkeiten gemeinsam zu überwinden. "Ja, wir sind alle unterschiedlich. Aber genau dies ist unsere Stärke", sagte der Putin-Gefolgsmann Medwedew in seiner letzten Neujahrsansprache als Staatschef. "Es ist unsere Pflicht, Russland zu bewahren, einen fortschrittlichen Staat aufzubauen, in dem es für alle ein komfortables Leben und interessante Arbeit gibt."

Im Zentrum der russischen Hauptstadt hatte ein massives Polizeiaufgebot den Triumphplatz schon Stunden vor Beginn der regierungskritischen Protestaktion abgesperrt. Dennoch sammelten sich dort etwa 200 Menschen, riefen Losungen gegen die Regierung und hielten Plakate mit politischen Parolen hoch. Auch in anderen Städten kam es zu Protesten. In der Millionenstadt Nischni Nowgorod rund 400 Kilometer östlich von Moskau gingen etwa 50 Menschen auf die Straße, darunter der Regierungskritiker und frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow. (APA/dpa)