"Die Vermögenden" ist ein viel besserer Ausdruck als "die Reichen". Denn Vermögende sind nicht nur reich, das Wort spiegelt auch die Macht des Reichtums. Mit dieser Macht ist nicht nur politischer Einfluss verbunden, sondern auch die Chance, in Krisenzeiten mit den weniger Reichen, vor allem mit den Armen, solidarisch zu sein.

Ein Hauptargument der Gegner jeder Art von Vermögenssteuer ist die unbestreitbare Tatsache, dass allein damit aus dem Ruder gelaufene Budgets nicht zu sanieren sind. Worum es geht, ist die Verteilungsgerechtigkeit. Denn es ist ebenfalls eine unbestreitbare Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten die Vermögenden immer reicher, die wenig Verdienenden immer ärmer geworden sind. Jüngster Beweis: die Aufstellung des Rechnungshofs über die Gehälter in den staatsnahen Betrieben. Mit ihren Leistungen haben die Manager in diesen Betrieben den Prognosen der Privatisierer nicht entsprochen, aber das getan, was am Biertisch immer gesagt wird: Sie haben abkassiert.

Die Gegner jeder Art von Vermögensbesteuerung äußern fast täglich vor allem zwei Argumente: 1. Solche Steuern bringen nichts. 2. Sie schaden dem Wirtschaftsstandort Österreich. Ebenso oft melden sich Befürworter, unter ihnen auch erfolgreiche Industrielle und Bankmanager. Ein Beispiel von vielen: Ex-Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper. Manche wollen Vermögensabgaben zeitlich begrenzen. Ganz wenige knüpfen sie an eine Verwendungszusage. Wäre das eine Bedingung, dann müsste man solche Zusagen allen Steuerzahlern einräumen.

Der renommierte US-Ökonom Paul Krugman hat sich kürzlich in der New York Times gegen eine Privilegisierung der Vermögenden und gegen den oft erhobenen Vorwurf gewandt, die Linke (in den USA the liberals) würde mit neuen Steuern "die Reichen dämonisieren und bestrafen" wollen. Allerdings müsse man in Bezug auf die "Rechten und Reichen" in Amerika das Gegenteil vermeiden: sie auszusparen und ihnen nichts abzuverlangen.

Vielfach wird verschwiegen, dass die USA bereits eine Vermögenssteuer haben. Sie macht 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und fast 13 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus. Auch in Großbritannien sind es über vier Prozent. Haben die deshalb Standortnachteile?

In Österreich kommen rund drei Prozent aus vermögensbezogenen Abgaben. 1965 waren es noch über vier Prozent. Die Lücke zu schließen würde dem Fiskus allein 1,2 Milliarden bringen.

1965 prägte noch die soziale Marktwirtschaft, erfunden von christlich orientierten deutschen Ökonomen, das Geschehen. Nach einer Studie dreier Salzburger Wissenschafter, Helmut Gaisbauer, Gottfried Schweiger und Clemens Sedmak, verfügten die Privathaushalte vor 20 Jahren über ein Vermögen von 67 Milliarden Euro. Heute sind es 473 Milliarden. Gleichzeitig liegen in den Händen von einem Prozent der Bevölkerung 27 Prozent des Vermögens.

Zur Sanierung der Budgets genügte es also, Instrumente der sozialen Marktwirtschaft zurückzuholen. (Gerfried Sperl, DER STANDARD-Printausgabe, 2. Jänner 2012)