Unter all den Neujahransprachen, die mit dunklen Tönen und Warnungen nicht gerade geizten, war die der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel die für Europa vermutlich wichtigste. Auch sie bereitete ihre Landsleute auf "Rückschläge" vor. Sie deutete harte Maßnahmen an. Aber Merkel machte auch unmissverständlich deutlich, was für ihre Regierung 2012 trotz allem das Wesentlichste sein wird: Berlin wird sich stärker einer gemeinsamen europäischen Politik mit den Partnern - also gemeinsamen Lösungen - zuwenden als je zuvor.

Das ist ein so gutes wie richtiges Versprechen, nicht nur für die Deutschen, sondern vor allem auch für die übrigen europäischen Völker. Denn das abgelaufene Jahr war vor allem in Ländern mit deutscher Sprache ohnehin weit übertrieben davon geprägt, das Scheitern der EU, den Zusammenbruch der Eurozone, die Renaissance des Nationalismus und die Abkehr Deutschlands von Europa zu beschwören. Euro-Düsternis nahm gefährlich überhand, selbst in seriösen Medien wurde der Eindruck erweckt, als sei der Euro eine Plage für die Deutschen, nicht ein wirtschaftlicher Segen.

Was das bewirkt, lässt sich im Wahlkampf in Frankreich beobachten: noch mehr Angst vor und Wut über Deutschland. Das frisst Europas Seele auf. Zehn Jahre nach Einführung des Euro-Geldes sollte man sich daran erinnern, was der Euro politisch gesehen bedeutet: Er trägt Europa. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.1.2011)