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Dirk Jens Nonnenmacher folgte...

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Hans Berger. Nun sind sie beide angeklagt.

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Wien - Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat gegen sechs frühere Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank Anklage erhoben, unter ihnen der frühere Vorstandsvorsitzende Nonnenmacher. Vorgeworfen wird den Beschuldigten Untreue und Bilanzfälschung, das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ).

Die Ermittlungen, die nun zur Anklage führten, haben mehrere Jahre gedauert. Wie die Zeitung aus dem Kreis der Beschuldigten weiß, handelt es sich dabei um die ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher und Hans Berger sowie die ehemaligen Vorstände Jochen Friedrich, Peter Rieck, Hartmut Strauß und Bernhard Visker. Alle sechs weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Nach Informationen der "FAZ" ist die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft rund 600 Seiten stark.

Berüchtigtes Wertpapiergeschäft "Omega 55"

Den Verdacht der Untreue hegen die Ermittler aus Finanztransaktionen, die unter dem Titel "Omega 55" durchgeführt wurden. Wegen dieser komplexen, im Jahr 2007 durchgeführten, Wertpapiergeschäfte musste die HSH Nordbank 500 Millionen Euro abschreiben. Damit trugen sie ihr Scherflein bei zur maroden Finanzsituation der Bank, die 2008 einen Verlust von 2,8 Milliarden Euro einfuhr. Damals konnte das Kreditinstitut nur durch Milliardenhilfen der Hauptaktionäre Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet werden. Auf schwere Untreue stehen in Deutschland zwischen sechs Monate und zehn Jahren Haft. Ob das zuständige Hamburger Landgericht die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt, ist aber noch unklar.

Nonnenmacher als Wettermacher

Nach Informationen der "FAZ" unterstellt die ermittelnde Hamburger Staatsanwaltschaft dem früheren Bankchef Nonnenmacher, dass dieser die Bilanz gefälscht habe, und zwar mit dem Ziel, die Ertragslage des Institutes im Lichte eines möglichen Börsenganges besser dastehen zu lassen. Nonnenmachers Anwalt Heinz Wagner bezeichnet diese Vermutung als "absurd". Schließlich sei der Börsengang schon im März 2008 offiziell ad acta gelegt worden, sagte Wagner auf Anfrage der Zeitung. Der Bankmanager selbst hat sich gegen die Anschuldigungen immer verwehrt. "Eine falsche Bilanz ist keine gefälschte Bilanz", ließ er im August 2010 aufhorchen.

Nonnenmacher, der, dem Willen der HSH-Großaktionäre folgend, Ende März 2011 zurücktreten musste, hat nie abgestrittenen, dass die umstrittenen "Omega55"-Geschäfte falsch bilanziert wurden. Als Grund führte er Mängel im internen Berichtswesen und in der IT an.

"Wagemutige Anklage"

Den Punkt, den die Staatsanwaltschaft Nonnenmacher vorwirft, ist seine Unterschrift unter den Vertrag, der die verlustbringenden Wertpapiergeschäfte besiegelte. Der per Eilbeschluss durchgewinkte Text wurde auch vom damaligen Finanzvorstand Nonnenmacher unterschrieben.

Nun scheiden sich die Geister, ob der erst einige Monate zuvor zum Finanzvorstand berufene Nonnenmacher erkennen hätte müssen, dass der Vertrag zahlreiche Plausibilitätsgründe nicht erfüllte. Ein Gutachten der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG haben dem Topmanager bescheinigt, dass er als Nichtressort-Verantwortlicher die später aufgedeckten Mängel nicht hätte erkennen müssen. Sie seien nicht so offensichtlich gewesen, als dass auch er als Finanzvorstand ein Veto hätte einlegen müssen. Daher bezeichnet Nonnenmacher-Anwalt Wagner die Anklage auch als "sehr wagemutig".

Die Staatsanwaltschaft sieht das naturgemäß anders. Die sogenannte "Ermittlungsgruppe 91", die im Jahr 2010 zahlreiche Hausdurchsuchungen durchführte, habe weitreichende Beweismittel sicherstellen können. Allein die E-Mail-Korrespondenz zu "Omega 55" umfasse mehr als 50 Ordner.

Eigene Bilanz erleichtern

Hinter "Omega 55" steht, dass die HSH gemeinsam mit der französischen BNP Paribas im Jahr 2007 begonnen hatte, Kreditpapiere in Zweckgesellschaften einzubringen. Dadurch sollte die eigene Bilanz geschönt werden. Im Gegenzug stand die norddeutsche Bank für die Risiken von ebenfalls eingebrachten Kreditverbriefungen ein. Während sich die dahinter liegenden Geschäfte durch die aufziehende Finanzkrise auflösten, stand die Bank nach wie vor für die Verbriefungen gerade. Dabei haftete die Bank auch für Papiere, die nach der Lehman-Insolvenz wertlos wurden.

Der von den Abschreibungen ausgelöste Kapitalbedarf kostete den deutschen Steuerzahlern viel Geld und Vorstandschef Hans Berger seinen Posten. Gefolgt ist ihm Dirk Jens Nonnenmacher. (sos, derStandard.at, 2.1.2012)