Kairo - Die Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien gerät angesichts der fortdauernden Gewalt des Regimes gegen Oppositionelle unter Druck. Ein Beratergremium der Arabischen Liga verlangte am Sonntag den Abzug der Mission. Der Präsident des Arabischen Parlaments, Salem al-Dikbassi, forderte den Chef der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi (Elaraby), am Sonntag auf, "angesichts der andauernden Tötung unschuldiger Zivilisten in Syrien umgehend die arabischen Beobachter abzuziehen".

Seit dem Eintreffen der Mission vor knapp einer Woche habe es keine Besserung der Lage gegeben, kritisierte Dikbassi. Die syrische Regierung verstoße klar gegen das Protokoll der Arabischen Liga zum Schutz der syrischen Bevölkerung. Das Arabische Parlament besteht aus 88 Mitgliedern aus jedem der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga.

Dikbassis Aufforderung erfolgte kurz vor der für Donnerstag vorgesehenen Entsendung weiterer Beobachter der Arabischen Liga nach Syrien. 20 Beobachter aus Saudi-Arabien, Bahrain und Tunesien würden in Damaskus erwartet, sagte der für Syrien zuständige Vertreter der Arabischen Liga, Adnan al-Khodeir.

In mehreren syrischen Städten hatten nach dem Freitagsgebet bereits zehntausende Menschen gegen die Delegation der Arabischen Liga demonstriert, weil sie das Blutvergießen bisher nicht stoppen konnte. Dabei war es zu Ausschreitungen gekommen.

150 Beobachter

Die Beobachter, deren Zahl laut Plan mittlerweile 150 beträgt, sollen bis Ende Jänner den Rückzug der Armee aus den Städten und die Freilassung der politischen Gefangenen überwachen. Ziel ist ein Ende des Blutvergießens. Die Delegation der Arabischen Liga hatte am vergangenen Dienstag in Protesthochburg Homs ihre Arbeit aufgenommen. Der Aufstand gegen den Machthaber Bashar al-Assad hat nach UNO-Schätzungen seit März mehr als 5000 Menschen das Leben gekostet.

Die Regierung ist allerdings für die Sicherheit der Mission zuständig und sorgt auch für den Transport. Oppositionsaktivisten befürchteten daher von Beginn an, dass die Beobachter von den Assad-Helfern in die Irre geführt werden könnten.

Syriens bisher zutiefst zerstrittene Opposition bereitet sich derweil gemeinsam auf die Zeit nach dem beabsichtigten Sturz von Präsident Assad vor. Wie am Wochenende bekannt wurde, vereinbarten die beiden führenden Gruppen Leitlinien für eine demokratische Zukunft ihres Landes. Dort gehen die Kämpfe derweil weiter.

Erneute Gefechte

Nahe der Hauptstadt Damaskus kam es nach Angaben von Oppositionellen am Sonntag zu Gefechten zwischen Regierungstruppen und Deserteuren aus der Armee. Laut Aktivisten brachen die Kämpfe aus, als das Militär die Gegend nach den abtrünnigen Soldaten absuchte. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht. Die "Freie Syrische Armee" der Deserteure hatte erst vor wenigen Tagen versprochen, die Angriffe auf die Regierung einzustellen, um den arabischen Beobachtern die Mission zu erleichtern. Erneut kam es im Umland von Damaskus zu Protesten.

Die beiden führenden Gruppen, der syrische Nationalrat (SNC) und das Nationale Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel (NCC), planen derweil schon für die Übergangsphase nach der Entmachtung Assads. Oppositionelle stellten eine Erklärung zu dem am Freitag in Kairo getroffenen Abkommen ins Internet. Darin heißt es, dass die beschlossenen Regeln auch die Schaffung einer parlamentarischen Demokratie mit Parteienvielfalt in Syrien vorsehen. Die kurdische Minderheit, die jeden elften Bürger stellt, wird ausdrücklich anerkannt. Eine Militärintervention lehnt das Bündnis ab.

Die Regimegegner hatten sich in der Vergangenheit über grundlegende Fragen nicht einigen können. So glaubte das in Syrien gegründete Koordinationskomitee lange Zeit noch an einen Dialog mit dem Präsidenten. Der aus dem Exil in Istanbul heraus agierende Nationalrat setzte hingegen auf den Sturz Assads - notfalls auch mit ausländischer Hilfe. (APA)