PolitikerInnen diskutieren am 25. Jänner in der Arbeiterkammer über die Studie "MigrantIn ist nicht gleich MigrantIn".

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Herr Kurz, Frau Schmied, Herr Tumpel, Frau Frauenberger, Herr Hundstorfer!

Kürzlich saß ich nur wenige Meter von euch entfernt. Ihr habt in der Arbeiterkammer über "Menschen mit Migrationshintergrund" diskutiert. Ich brauchte einige Zeit, bis mir klar wurde, das bin doch ich, über den ihr daherredet! Mit jedem Mal, wo ihr das Wort "Mensch mit Migrationshintergrund" in den Mund genommen habt, habe ich mehr zu kochen begonnen.

Doch wie ich es gelernt habe, blieb ich ruhig sitzen, versuchte ich, brav zu sein. Ich nahm mir vor, euch am Ende zu fragen, was das Ganze soll. Doch ihr habt - so feige -, ihr habt euch nur getraut, am Podium von oben herab über mich zu reden, und dann habt ihr nach euren Statements plötzlich die Diskussion für beendet erklärt, ihr habt keine Fragen aus dem Publikum zugelassen, was für eine Schande!

Wutbürger kommen von überall her ...

Also schreibe ich euch jetzt diesen formlosen Brief, ganz ohne Floskeln, ganz ohne höfische Höflichkeit, ich will das nicht für mich behalten, es muss aus mir raus. Ich bin wütend. Ja, hört, hört, auch einer, der Pollak heißt und dessen Eltern nicht in Österreich geboren sind, kann ein Wutbürger sein!

Ihr Politikerleute, wie komme ich dazu, dass ich mir euer beleidigendes Integrationsgerede anhören muss? Niemand hat mir zusätzlich Druck zu machen, niemand hat von mir eine andere Integration zu verlangen als von denen, deren Eltern in Österreich geboren sind! Niemand hat irgendein Sonderrecht über mich, nur weil ihr diesen scheinheiligen, stupiden Begriff "Mensch mit Migrationshintergrund" entdeckt habt!

Leistungsnachweis aufgrund des Geburtsortes?

Speziell Sie, Herr Kurz, Herr Leistungsmanager, speziell von dir will ich wissen: Warum verlangst du gerade von mir einen Leistungsnachweis? "Integration durch Leistung" nur wegen des Geburtsorts meiner Eltern? Wie absurd ist das denn? Wäre ich ein besserer Mensch, wenn meine Eltern keine Zuwanderer wären? Müsste ich dann nichts mehr beweisen, keine Extraleistung mehr erbringen? Dürfte ich dann schlecht in Deutsch sein? Würden dann vielleicht plötzlich meine Mathematikkenntnisse mehr zählen als meine Deutschkenntnisse? Hätten Sie, Herr Integrationsstaatssekretär, dann nix mehr mit mir zu tun? Ach, wie schön ...

Was ich bin, das braucht keinen Hintergrund

Aber im Ernst, was soll der Scheiß? Ich habe das echt viel zu lange ignoriert. Genug, basta! Was ich bin, das nennt sich Mensch, auch in Österreich! Was ich bin, das braucht keinen Hintergrund. Ich brauche so was um nichts mehr als Sie, Herr Kurz, Frau Schmied, Herr Tumpel, Frau Frauenberger, Herr Hundstorfer! Ein echter Loser ist, wer das nicht kapiert! Migration? Ich scheiß' auf diesen Hintergrund!

Ein Migrationshintergrundverweigerer (Leserkommentar, derStandard.at, 1.2.2012)