München - Medikamente, die im Gehirn wirken sollen, müssen erst die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden, die das Eindringen von potenziell toxischen Substanzen in das Organ verhindert. Forscher suchen daher nach Wegen, diese Schranke zu überwinden. Wissenschafter am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München etwa führten an Mäusen Studien mit dem erst vor kurzem entdeckten, angstlösenden Neuropeptid S (NPS) durch. Neuropeptide sind Proteine, die von Nervenzellen gebildet werden. Sie haben dort eine Wirkung, es gibt aber auch Hinweise darauf, dass sie das Immunsystem beeinflussen können.

Die Arbeitsgruppe von Ulrike Schmidt von dem Institut untersuchte, ob NPS über die Nasenschleimhaut ins Gehirn aufgenommen und dort auch erfolgreich wirken kann. In einer Reihe von Experimenten konnten die Wissenschafter den Weg von intranasal verabreichtem NPS bis in spezielle Nervenzellen verschiedener Hirnregionen sichtbar machen. Sie zeigten eine gezielte und hochspezifische Aufnahme der Substanz in die Gehirnzellen durch Bindung an den NPS-Rezeptor.

Resultat

Bereits 30 Minuten nach der Aufnahme über die Nasenschleimhaut erreichten geringe Mengen von NPS das Gehirn der Mäuse. Vier Stunden darauf entfaltete sich die anxiolytische Wirkung: Die Mäuse zeigten sich tatsächlich weniger ängstlich. Damit konnte für Neuropeptid S eine intranasale Verabreichung mit anxiolytischer Wirkung nachgewiesen werden. Der genaue molekulare Wirkmechanismus von NPS ist noch unklar, aber offensichtlich nimmt es Einfluss auf Signalübertragungswege zwischen Nervenzellen des Hippocampus. Die Forscher vermuten, dass NPS dämpfend auf bestimmte Signale des Emotionszentrums im Gehirn wirkt und dadurch weniger Angst empfunden wird.

"Unsere Ergebnisse öffnen die Tür zur Entwicklung zukünftiger Medikamente für Patienten mit krankhafter Angst auf der Basis von Neuropeptid S", sagte die deutsche Psychiaterin Ulrike Schmidt. "Die einfache Anwendung und schnelle und direkte Wirkung durch einen anxiolytisch wirkenden Nasenspray könnte für viele Patienten mit Angststörungen wie Panikattacken und Posttraumatischer Belastungsstörung ein Segen sein", fügte sie hinzu. (APA/red)