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Waffen aus Libyen überschwemmen die Region.

Foto: Rodrigo Abd, File/AP/dapd

Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit einer befreundeten Professorin aus dem algerischen Oran erinnern, als der bewaffnete Aufstand in Libyen begann. "Wenn Gaddafi fällt, werden die Waffen aus Libyen ganz Nord- und Westafrika instabil machen", warnte meine Freundin, die sich seit Jahren auf die Sahelzone als Konfliktregion spezialisiert hat. Sie war aus diesem Grund gegen den Nato-Einsatz in Libyen. Ihre Befürchtungen sollten sich bewahrheiten, wie jetzt ein Dokument der Vereinten Nationen belegt.

"Eine Zunahme bei der Verbreitung von Waffen, organisierter Kriminalität und Terrorismus erhöht den Druck auf die Ländern der Sahel-Region, in denen es bereits zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt", heißt es zu Beginn des Protokolls der Sitzung des Sicherheitsrates zum Thema. Ob Tuareg-Milizen, Al Qaida im Islamischen Maghreb bis hin zu den Boko Haram in Nigeria, die derzeit eine brutale Anschlagserie von sich Reden machen, dürften Nutznießer des Waffenschmuggels sein. "Boko Haram hat Kontakte zu Al Qaida geknüpft", befürchtet die UN. Die nigerianische Truppe soll in Al Qaida Lagern in Mali ausgebildet worden sein, wahrscheinlich mit libyschen Waffen.

Die Instabilität verschärft sich noch durch die 420.000 Rückkehrern aus Libyen. Sie haben durch den Konflikt in Libyen ihren Job und meist ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Zu Hause haben sie keine Zukunft. Deshalb sind sie schließlich einst nach Libyen ausgewandert.

In Libyen selbst kehrt ebenfalls keine Ruhe ein. Das Land droht in einem langanhaltenden Bürgerkrieg zu versinken. Innerhalb der einstigen Aufständischen brechen Konflikte auf. Es geht um den Einfluss im künftigen Staatswesen. Und mancherorts reorganisieren sich die Gaddafi-Getreuen, um ganze Landstriche zurückzuerobern.

Die UNO ist ratlos. Libyen war - dank des Erdölreichtums - ein wirtschaftlicher Stabilitätsfaktor in der Region. Solange das Land nicht zur Ruhe kommt, droht die gesamte Sahel-Zone in immer neuen Konflikten zu versinken. (Reiner Wandler, derStandard.at, 1.2.2012)