Wien - Die Meinl Bank wird nicht müde, gegen die Wiener Staatsanwaltschaft zu Felde zu ziehen. Deren Strafverfahren im Zusammenhang mit der ehemaligen Meinl European Land (MEL) gegen Julius Meinl und Co. "hat sich totgelaufen", konstatierte Bankvorstand Peter Weinzierl am Mittwoch vor Journalisten. Die strafrechtlichen Betrugs- und Untreuevorwürfe der Staatsanwaltschaft sieht er nun durch ein zivilrechtliches Gutachten aus dem Jahr 2010, das das Handelsgericht (HG) Wien in einem Anlegerverfahren erstellen ließ, entkräftet. Auch ein OGH-Urteil bestätige, dass die Bank bei den umstrittenen MEL-Rückkäufen korrekt gehandelt habe.

Das von Peter Ipkovich erstellte Gutachten ist datiert mit 4. November 2010, die Meinl Bank habe es aber "jetzt erst in seiner Tragweite erkannt", räumte Weinzierl ein. In dem Verfahren selbst - ein MEL-Anleger verklagte die Meinl Bank wegen Irrtums bzw. auf Schadenersatz - liege noch keine Entscheidung des Handelsgerichts vor.

Der Sachverständige komme zum Schluss, dass der MEL durch den Rückkauf von Zertifikaten - ein Kernthema des Strafverfahrens - kein Schaden entstanden sei, so Weinzierl. Ipkovich stelle fest, dass der sogenannte NAV II nach Ermittlungsmethodik der European Public Real Estate Association EPRA die übliche Kennzahl bei Bewertungen von Immobilienpapieren ist. Dabei würden Immobilienprojekte nach dem Marktwert berücksichtigt ("fair value"). Für den Anleger sei dies die einzige verlässliche und transparente Information über den Zustand und die Entwicklung des Unternehmens. Bei MEL sei der Rückkaufpreis von 20,44 Euro unter dem Wert der Zertifikate gelegen; der NAV II habe damals nämlich 20,69 Euro betragen so Weinzierl. Von einer Untreuehandlung könne also in dem Zusammenhang keine Rede sein, meint der Banker.

Weiters komme der Gutachter zum Schluss, dass MEL-Zertifikate im Februar 2007 und über den gesamten Rückkaufzeitraum als Investment im Vergleich zu anderen Unternehmen nicht mit mehr Risiko versehen gewesen seien. Und: Das Risiko eines Kursverfalls sei zum damaligen Zeitpunkt sehr gering gewesen. "Am Ende des Tages kann immer nur eine Ex-Ante-Betrachtung relevant sein", so Weinzierl. Wenn ein Bankberater im Jahr 2006 griechische Anleihen als risikoarmes Produkt bezeichnet hätte, hätte er aus damaliger Sicht ebenso korrekt gehandelt.

Der Vorwurf, dass der Rückkauf zum überhöhten Preis erfolgt sei, gehe also ins Leere, meint Weinzierl. Aus seiner Sicht ist es durchaus zulässig, im Zuge eines Zivilverfahrens gewonnene Erkenntnisse auf das Strafverfahren umzumünzen. Auf die Frage, ob hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen würden, meinte er: "Wenn ich zivilrechtlich nicht getäuscht habe, habe ich strafrechtlich sicher schon gar nicht getäuscht." Umgekehrt gilt nach Weinzierls Logik: "Wenn Sie strafrechtlich getäuscht haben, haben Sie wohl auch zivilrechtlich getäuscht."

Auf jeden Fall will Weinzierl das Zivilgutachten nun im Strafverfahren vorlegen. "Es gibt bereits eine Eingabe", sagte er.

Auch durch ein OGH-Urteil vom 22.11.2011 sieht sich der Banker strafrechtlich entlastet. Der höchstgerichtliche Entscheid erfolgte in einem Verfahren, in dem ein Anleger eine Vertriebsfirma verklagt hat, bei der er seine MEL-Papiere erworben hat. Die Meinl Bank hatte in dem Verfahren keine Parteienstellung, sagte Weinzierl. In dem OGH-Urteil heißt es laut Bank, dass die MEL-Zertifikate bis Mitte 2007 in der Risikoklasse "niedrig bis mittel" eingestuft werden durften.

Weinzierl sieht sich puncto OGH-Urteile in Anlegerverfahren in einer "skurrilen Situation". Auf der einen Seite besage das Berater-Urteil, dass es damals nicht falsch war, MEL als sichere Anlage zu verkaufen, auf der anderen Seite hat der Oberste Gerichtshof die Meinl Bank mehrere Male verurteilt, weil sie Anleger mit MEL-Werbeunterlagen in die Irre geführt hat.(APA)