Graz - Ein Vertreter von Missbrauchsopfern hat am Mittwoch einen weiteren angeblichen Missbrauchsfall im obersteirischen Stift Admont aus den 1960er-Jahren, bei dem die von der katholischen Kirche eingerichtete Opferschutzanwaltschaft ("Klasnic-Kommission") gegen eine Entschädigung für den Betroffenen entschieden hat, öffentlich gemacht. Der Mann erhob im wesentlichen die gleichen Vorwürfe, wie sie schon vor zwei Tagen im ersten, wieder thematisierten Fall zu hören waren: Er soll von zwei Priestern gedemütigt, geschlagen und vergewaltigt worden sein. Ein früherer Zögling von Admont schilderte allerdings, er habe mit mehreren Ex-Schulkollegen gesprochen: "Wir können uns das nicht vorstellen".

Laut der "Plattform Betroffener Gewalt" habe der Mann im Jahr 2010 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz und an die Klasnic-Kommission gesandt. Demnach hätten die beiden genannten Patres den Mann gedemütigt, vergewaltigt und u.a. glühende Zigaretten auf seinem Arm ausgedämpft, die Narben seien bis heute gut sichtbar. Nach der Matura sei die Belastung aus dem Missbrauch und den Misshandlungen während der Schulzeit in Admont so groß gewesen, dass er mit 19 Jahren einen Selbstmordversuch unternommen habe. Sein Vater habe ihn in letzter Sekunde gerettet.

Klasnic-Kommission als "Bad Bank"

"Dieser Fall offenbart die Mechanismen kirchlicher Vertuschung. Klasnic spielt die 'Bad Bank' und soll die Diözesen von den Missbrauchsfällen entlasten", so Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt. Er forderte mögliche Opfer des Stifts Admont auf, sich zu melden (www.betroffen.at) - unabhängig davon, ob sie von der Klasnic-Kommission eine Entschädigung erhalten haben oder nicht.

Eine ehemaliger Zögling des Stifts Admont - er meldete sich aufgrund der Medienberichte vor zwei Tagen - erklärte hingegen, er und auch etliche andere von ihm nun befragte Ex-Zöglinge könnten sich "das nicht vorstellen". Der Mann erklärte, er sei mit einem der Betroffenen in einem Schlafsaal gewesen und habe mit ihm auch den Mittagstisch geteilt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das passiert. Wir hätten da etwas von Striemen oder Brandwunden sehen müssen". Beim wöchentlichen gemeinsamen Schwimmen der Zöglinge sei auch nichts von solchen Wunden bemerkt worden. Ob er den Betroffenen als still und zurückgezogen erlebt habe? "Nein, er war eher ziemlich goschert", so der Ex-Zögling am Mittwoch zur APA. Von der angegebenen Hörbeeinträchtigung des angeblich Missbrauchten habe er damals auch nichts bemerkt. Im Gespräch mit früheren Klassenkollegen sei man sich einig gewesen: "Rein gefühlsmäßig können wir uns das nicht vorstellen." (APA)