Bild nicht mehr verfügbar.

Wladimir Putin (hier bei einem Klosterbesuch während einer Wahlkampftour) will eine Stichwahl vermeiden.

Foto: REUTERS/Alexei Nikolsky/RIA Novosti/Pool

Bild nicht mehr verfügbar.

KP-Chef Gennadi Sjuganow wäre in einer Stichwahl nicht aussichtslos.

Foto: EPA/MAXIM SHIPENKOV

Bild nicht mehr verfügbar.

Oligarch Michail Prochorow versucht vor allem bei der Jugend und beim Mittelstand zu punkten.

Foto: Ilnar Salakhiev/AP/dapd

Fünf Kandidaten treten bei der Präsidentenwahl am 4. März in Russland an - und doch dreht sich wie seit Jahren in Moskau alles nur um einen Mann: Regierungschef Wladimir Putin hat sich zur Rückkehr in den Kreml entschieden. Die Gutsherrenart, mit der er diesen Entschluss im Herbst verkündete, hat die Russen empört. Diese Wut ist der Grund, warum Putin seines Sieges nicht absolut sicher sein kann.

Die Unzufriedenheit der Russen wurde bereits bei der Dumawahl im Dezember deutlich, bei der die Kremlpartei Einiges Russland deutliche Verluste hinnehmen musste und sich die Mehrheit im Parlament laut Wahlbeobachtern und Opposition nur durch Manipulationen sicherte. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

Seither reißen die Proteste nicht ab. Auch am Samstag wird in Moskau wieder demonstriert. Die Opposition hat zu einer neuen Großdemo aufgerufen. Im Internet haben sich schon jetzt mehr als 50.000 Menschen angekündigt. "Für faire Wahlen" lautet die zentrale Forderung der Protestbewegung, die sich beileibe nicht nur aus Berufsoppositionellen zusammensetzt, sondern auch weite Teile des Mittelstandes erfasst hat.

Als Antwort darauf hat Putin Webkameras in den Wahllokalen versprochen. Die Wahlkommissionen hingegen dürfen so weitermachen wie bisher. Die von der Opposition geforderte Ablösung von Wahlleiter Wladimir Tschurow lehnt der Kreml ab. Und Tschurow hat sich bereits auf seine Art bedankt und den Altliberalen Grigori Jawlinski von der Kandidatenliste gestrichen.

Entscheidende drei Prozent

Jawlinski hätte die Wahlen natürlich nicht gewonnen. Aber er hätte wahrscheinlich drei bis vier Prozent der Stimmen geholt - Wähler, die nun wohl zu Hause bleiben und den Ausschlag dafür geben können, ob Putin in der ersten Runde gewinnt oder in die Stichwahl muss.

Warum ist der Erstrundensieg für Putin so wichtig? Ein solcher Sieg demonstriert, dass er die Lage voll im Griff hat. "Andernfalls fängt seine Umgebung an, an ihm zu zweifeln. Und wenn sie zweifelt, kann sie ihn auch verraten", meint der inhaftierte Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski. Zudem sind so auch die Herausforderer, drei Apparatschiks und ein Oligarch, am leichtesten zu bändigen.

Milliardär Michail Prochorow ist wohl der schillerndste Bewerber um den Posten. "Geglänzt" hat er in der Vergangenheit freilich nicht mit politischem Geschick, sondern mit Playboy-Allüren und Ausbeutermanieren. Wer in den 1990er-Jahren im Zuge der windigen Privatisierungen zu seinem Vermögen kam, in Courchevel in Begleitung mehrerer junger Damen von der Polizei festgenommen wird und dann eine 60-Stunden-Woche für Arbeitnehmer fordert, kann in Russland nicht auf viele Wähler hoffen.

Wohl ebenfalls chancenlos sind der Populist Wladimir Schirinowski und der Spitzenkandidat der Partei Gerechtes Russland, Sergej Mironow. Allerdings ist in beiden Fällen ziemlich klar, dass sie nicht ernsthaft die Absicht haben, Präsident zu werden.

Die besten Aussichten auf die Stichwahl hat derzeit Kommunistenführer Gennadi Sjuganow. In Umfragen kommt er auf Werte zwischen zehn und 20 Prozent. Das liegt deutlich unter den Zustimmungswerten für Putin, und dennoch wäre Sjuganow in einer Stichwahl nicht aussichtslos.

Ein erstes Wahlbündnis mit der anarchistischen Linken Front hat Sjuganow schon geschlossen. Und auch aus dem liberalen Lager könnte der bekennende Stalin-Verehrer Stimmen bekommen: "Zuletzt haben sogar Boris Nemzow und andere Liberale erklärt, obwohl sie den KP-Chef kritisieren, dass sie Sjuganow in einer Stichwahl zwischen ihm und Putin vorziehen würden", verdeutlichte der KP-Abgeordnete Oleg Smolin die Möglichkeit einer breiten Oppositionsallianz.

Dazu müsste Sjuganow aber noch einige Zugeständnisse machen, unter anderem einer Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten zustimmen, damit die Opposition im Fall seiner Wahl die Möglichkeit hat, einen eigenen Mann in den Kreml zu bringen.

Am Ende läuft es aber darauf hinaus, dass die Russen entscheiden müssen, ob sie eine weitere Amtszeit Putins wollen. Der wirbt mit Stabilität und verspricht gleichzeitig Reformen. Der Glaube aber an seine Bereitschaft zu ernsthaften Veränderungen, speziell beim Kampf gegen die Korruption, hat in der Bevölkerung spürbar abgenommen. Und so könnte Putin selbst sein größter Gegner bei den Wahlen werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2012)