Wadi" im Einsatz in Ägypten: Hat die Sonne genug geschienen und ist das Wasser ausreichend gereinigt, erscheint auf dem Display ein Smiley.

Foto: Helioz

Jetzt werden sozial engagierte Unternehmer gesucht.

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Zum globalen Durchbruch seiner Erfindung fehlt nur noch Geld.

Stuttgart – Ein Hauch von Facebook mag Martin Wesian kurz in den Sinn gekommen sein. Da entwickelt man als Student ein bahnbrechendes System mit möglicherweise globalen Auswirkungen und Konsequenzen. Und nach langer Suche klopft beim Start-up-Unternehmen aus Wien plötzlich ein potenter Investor an die Tür, der die Idee auch umsetzen will.

An der Türschwelle endet allerdings, vorerst zumindest, die Ähnlichkeit mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. "Da ist einer gekommen, der hat uns sofort eine Million Euro in Aussicht gestellt. Das hat sich wie ein Lottogewinn angehört, schließlich kämpfen wir um jeden Euro an Förderungen. Die Bedingung des Investors aber war, dass das von mir entwickelte Gerät nicht mindestens fünf Jahre, sondern höchstens zwei Jahre halten darf." Wesian hat dankend abgelehnt. Der 37-jährige Wirtschaftsingenieur aus Vorarlberg hat mit dieser Entscheidung an seine potenziellen Kunden gedacht. Sie sind die Ärmsten der Welt ohne gesicherten Zugang zu sauberem Wasser. "Für die macht es einen lebenswichtigen Unterschied, ob mein Gerät statt fünf nur zwei Jahre hält."

Reinigung in PET-Flaschen

Der Dornbirner hat 2009 in seiner Diplomarbeit für die FH Technikum Wien ein bereits bestehendes Wasserdesinfektionsverfahren verfeinert: Gewöhnliche, mit Wasser gefüllte PET-Flaschen werden einige Stunden in die Sonne gelegt. Die UV-Strahlen töten dabei Keime ab, die zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie Cholera, Hepatitis oder Polio führen können. "Sodis" (Solar Water Disinfection) wird die von der ETH Zürich entwickelte Methode genannt, die bereits mehr als drei Millionen Menschen in Entwicklungsländern verwenden. Das Problem war aber bisher, den genauen Zeitpunkt der Desinfektion zu bestimmen. "Bewölkungsgrad, Sonneneinstrahlung und Verschmutzung des Wassers haben da einen großen Einfluss", sagt Wesian.

Sein entwickeltes Gerät, das er "Wadi" getauft hat, nimmt den Menschen diese Unsicherheit ab. Einfach auf eine PET-Flasche geschraubt, zeigt Wadi den Fortschritt der Desinfizierung auf einem Display ähnlich der Anzeige bei einem Handy-Akku. Hat die Sonne genug gearbeitet, leuchtet ein Smiley. Die Idee brachte Wesian zahlreiche Preise wie den "Energy Globe Award" ein.

Kein Abkochen mehr

Erst vergangene Woche wurde er in Stuttgart mit dem mit 20.000 Euro dotierten dritten Platz des vom Druckerhersteller Kyocera gestifteten Umweltpreises ausgezeichnet. Der Umweltgedanke ist dabei nur Begleiterscheinung: Wadi verhindert Feuerstellen, die normalerweise für das Abkochen des verunreinigten Wassers verwendet werden – und somit einen bedeutenden CO2-Emittenten.

60 Stück hat Wesian schon produziert, sie werden auch in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen (UN) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) testweise in Indien, Ruanda, Uganda, Kenia, Tansania und Ghana eingesetzt. Wesian: "Nicht nur wir sagen, dass das Ding funktioniert." 4000 Stück werden gerade in Indien produziert. "Noch kostet das Gerät knapp zehn Dollar. Wir versuchen, es auf fünf Dollar drücken zu können." Ziel ist, Wadi, das auch über einen Grobpartikelfilter verfügt, für Dorfgemeinschaften in Entwicklungsländern leistbar zu machen. Damit könnten auch staatliche Gesundheitsausgaben in die Bekämpfung von Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser ausgelöst werden, signifikant eingespart werden.

Noch leben Wesian und die sechs Mitarbeiter seines Unternehmens Helioz von Förderungen. Sind abschließende Tests positiv, ist endlich der Markteinstieg geplant. Im April stellt Wesian sein Gerät bei der Asia Water in Kuala Lumpur vor, dann folgt ein Vortrag an der Eliteuniversität Yale. "Das Interesse an Wadi ist gewaltig", sagt Wesian nach Rückmeldungen von potenziellen regionalen Distributionspartnern. Gelingt mit sozial denkenden Geldgebern der globale Durchbruch, wird Martin Wesian noch einmal ganz kurz an den Millioneninvestor denken. Und lächeln. (David Krutzler, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2012)