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Gennadi Gudkow.

AP Photo/Alexander Zemlianichenko

Im Interview mit André Ballin sagt Gennadi Gudkow, worum es beim Dialog mit dem Kreml gehen müsse.

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Standard: Trotz Wahlerfolgs Ihrer Partei protestieren Sie. Warum?

Gudkow: Ich habe vorher erklärt, wenn es Fälschungen gibt, gehen wir zusammen mit dem Volk auf die Straße, um friedlich zu demonstrieren. Ich habe nur Wort gehalten. Darüber hinaus hat die Partei jetzt beschlossen, dass ich sie im Organisationskomitee der Proteste vertrete.

Standard: Die zentrale Losung des Protests lautet "Für faire Wahlen". Wie soll das durchgesetzt werden?

Gudkow: Wir brauchen zunächst eine neue Kommission, derzeit werden mehr als die Hälfte der Posten von der Obrigkeit besetzt. Die kann damit Fälschungen oder die Vertreibung von Wahlbeobachtern und Kandidaten aus den Wahllokalen durchsetzen. Die Obrigkeit usurpiert so die Macht.

Standard: Worüber soll die Opposition dann verhandeln?

Gudkow: Nur über politische Reformen. Ohne die Absetzung Wladimir Tschurows (des Wahlleiters, Red.), faire Neuwahlen und hoffentlich auch neue Präsidentenwahlen in zwei Jahren gibt es keine Einigung mit dem Kreml.

Standard: Ihr Parteichef Sergej Mironow tritt zum zweiten Mal bei Präsidentenwahlen an. Das erste Mal tat er es, um Putin zu unterstützen. Und nun?

Gudkow: Nun tritt er an, um ihn zu besiegen.

Standard: Sie wollten Ihr Mandat niederlegen, um Druck zu machen. Warum haben Sie es nicht getan?

Gudkow: Weil es sich als sinnlos erwies. Es hätten sich genug Nachrücker gefunden, die das Mandat behalten und der Duma den Anschein von Legitimität gegeben hätten. Der einzige Weg ist die Auflösung der Duma.

Standard: Was ist Russlands größtes Problem? Wie ist es zu lösen?

Gudkow: Korruption. Wenn wir sie besiegen wollen, müssen wir die Obrigkeit kontrollieren. Bei uns hat die Exekutive die ganze Macht in ihren Händen. Das Parlament hat seine Kontrollfunktion verloren, wir Abgeordnete haben keinen Einfluss auf Ernennungen und Absetzungen. Die Gerichte werden direkt von der Exekutive besetzt, daher ist auch die Justiz abhängig. Wir brauchen politische Reformen, um die Korruption auszurotten, dass heißt: echte Gewaltenteilung, funktionierende Opposition und unabhängige Medien. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2012)