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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bleibt auch nach dem Eklat beim Burschenschafterball eine Option für die ÖVP.

Foto: APA/Bundesheer

Wien/Bregenz - Wann immer in der FPÖ ungustiöse, extrem rechts angehauchte Rülpser hochkommen, bricht in der ÖVP lautes Schweigen aus. Zumindest was eine etwaige künftige Koalition mit den Freiheitlichen anbelangt. Da und dort empört man sich im schwarzen Lager zwar über diverse Sager, die Tür für eine Zusammenarbeit bleibt aber immer offen.

Auch nach der jüngsten Entgleisung des FPÖ-Obmannes Heinz-Christian Strache ("Wir sind die neuen Juden") halten ÖVP-Politiker weiter an einer FPÖ-Option fest. Parteichef und Vizekanzler Michael Spindelegger hatte, nachdem er sein Missfallen über die Strache-Äußerungen kundgetan hatte, klargestellt: "Was nach den nächsten Wahlen ist, weiß keiner von uns".

ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch empörte sich am Mittwoch ebenfalls über Straches Aussagen ("Geschmacklosigkeit"), die für diesen zur Folge hatten, dass Bundespräsident Heinz Fischer einen Ordensübergabe an ihn verweigert; die Erregung blieb aber ohne Konsequenz für das Verhältnis zur FPÖ. "Wir haben eine funktionierende Koalition mit der SPÖ und reden mit allen gewählten Parteien", sagt Rauch.

Selbst Sebastian Kurz, Integrationsstaatssekretär und Chef der Jungen ÖVP, will sich eine künftige Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen offen halten: "Viele Positionen der FPÖ, etwa beim Thema Integration, sind ebenso jenseitig wie die Aussagen zur NS-Vergangenheit." Was künftige Koalitionen betrifft, bleibt aber auch er vage: "Ich konzentriere mich auf die Zusammenarbeit in der derzeitigen Koalition."

Die einzige deutliche Abgrenzung zur FPÖ kommt aus Brüssel. "Mit diesen Inhalten, Bildern und diesem Selbstverständnis habe ich nichts am Hut", sagte ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas im Standard-Gespräch. Für ihn braucht es aber auch gar keine Sager des FP-Chefs. Strache habe sich schon aufgrund seiner Europapolitik disqualifiziert: "Die Strache-FPÖ steht nicht auf dem Boden der gemeinsamen Rechtsgrundlage der EU. Für mich ist das eine enorme Trennlinie." Eine Gesprächsbasis zu haben, sei das Um und Auf unter Demokraten, sagt Karas, aber: "Gemeinsam Ziele zu verwirklichen benötigt mehr. Diese Gemeinsamkeit sehe ich nicht."

Warum sich die ÖVP in der Abgrenzung zur FPÖ so schwer tut, liegt für den Politologen Peter Filzmaier auf der Hand: "Es sind zwei Gründe, warum sich die ÖVP die Tür zur FPÖ offenhält. Ein praktischer und ein strategischer. Der praktische ist, das es ganz einfach keine klare Mehrheit in der ÖVP für oder gegen eine Koalition mit der FPÖ gibt. Das geht quer durch die Partei und die Bünde. Strategisch ist für die ÖVP die Option mit der FPÖ verlockend."

Ein Bündnis mit den Blauen biete "mehr als jetzt". Mit der FPÖ könne die ÖVP sowohl über die Kanzlerschaft als auch die Ministeraufteilung günstiger verhandeln. Die Option FPÖ sei aber nicht nur für den Bund interessant. Auch in den Ländern könnte die ÖVP mithilfe der FPÖ wieder den einen oder anderen Landeshauptmann-Sessel zurückgewinnen. Etwa in der Steiermark. Ob dem so sei, ließ sich am Mittwoch in der steirischen ÖVP nicht eruieren. Die Parteiführung wollte zum Thema FPÖ keine Stellungnahme abgeben.

In der Vorarlberger ÖVP wurde zumindest Tacheles geredet. Landeshauptmann Markus Wallner (VP) forderte im Landtag eine öffentliche Stellungnahme zu den Strache-Äußerungen durch FP-Dieter Egger, der in den Vorarlberger Nachrichten seinen Bundesparteiobmann verteidigt hatte. Wallner: "Ich will nicht, dass unser Land ins rechte Eck gestellt wird, schon gar nicht vom einem Mitglied dieses Hauses." Egger stelle sich bewusst hinter die Aussagen von Strache und überschreite damit eine Grenze. (jub, mue, nik, pm, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2012)