London/Wien - Mit dem größten Teleskop der Welt haben Astronomen Leben nachgewiesen - auf der Erde. Was auf den ersten Blick einigermaßen absurd klingt, soll der Suche nach einfachem extraterrestrischem Leben auf fernen Planeten dienen, berichten Astronomen um Michael Sterzik von der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Chile im Fachblatt "Nature" (Bd. 483, S. 64).
Der Grundgedanke des Verfahrens ist weniger kompliziert, als es scheint: "Ein Teil des Sonnenlichts, mit dem die Erde beleuchtet wird, wird zurück ins Weltall reflektiert und trifft auf den Mond", erklärte Sterzik. "Die Mondoberfläche wirkt dann wie ein riesiger Spiegel, der das Licht wieder zurück in unsere Richtung wirft."
In diesem sogenannten Erdschein fahndeten die drei beteiligten Astronomen von dem Very Large Telescope der Eso nach den Fingerabdrücken des Lebens, etwa in Form charakteristischer Häufigkeiten bestimmter Gase in der Atmosphäre. Dazu kombinierten sie zwei Methoden: die Analyse der Spektralfarben des reflektierten Erdlichts und die seiner Schwingungsebene, der sogenannten Polarisation. Mit dieser sogenannten Spektralpolarimetrie seien die Biosignaturen deutlich nachzuweisen gewesen, so die Autoren.
Dieses Verfahren könnte in ferner Zukunft auch bei der Suche nach extraterrestrischem Leben zur Anwendung kommen. Doch bis dahin wird es noch eine Weile dauern, schreibt Christoph Keller in seinem begleitenden Kommentar (S. 38). Die Methode werde zwar demnächst schon beim Very Large Telescope zur Anwendung kommen. Doch wird man damit bloß die Atmosphäre ferner Gasplaneten in der Art von Jupiter oder Saturn bestimmen können.
In zehn Jahren sollte es dann mit dem European Extremely Large Telescope, das 23-mal lichtstärker ist als das Very Large Telescope, zwar möglich werden, auch Gesteinsplaneten von der Größe der Erde "direkt" zu sehen. Doch auch dieses Teleskop wird höchstwahrscheinlich noch nicht in der Lage sein, die vorgeschlagenen spektralpolarimetrischen Untersuchungen von solchen kleinen Exoplaneten zu machen. (tasch, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 1. 3. 2012)