Rom - Die mehr als 4.200 Passagiere und Besatzungsmitglieder, die sich an Bord des am 13. Jänner vor der toskanischen Insel Giglio havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" befanden, sind von den italienischen Justizbehörden eingeladen, an einer am kommenden Samstag geplanten Vorverhandlung im Verfahren über das Schiffsunglück teilzunehmen. Der Termin findet in der toskanischen Stadt Grosseto statt, und zwar - wegen des erwarteten großen Andrangs - im Theater. An Bord der "Costa Concordia" befanden sich 77 Österreicher.

Auf der Anklagebank werden Kapitän Francesco Schettino, Vizekapitän Ciro Ambrosio, sowie drei weitere Offiziere der "Costa Concordia" Platz nehmen. Wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung drohen Schettino 15 Jahre Haft pro Todesopfer. Bisher wurden 25 Tote gefunden, weitere sieben Personen werden noch vermisst. Für Schiffbruch beträgt der Strafrahmen zehn Jahre Haft. Dazu drohen Haftstrafen wegen der Passagiere, die an Bord angeblich sich selbst überlassen wurden. Die Staatsanwälte von Grosseto fordern die Verhaftung des unter Hausarrest stehenden Kapitäns.

Ermittlungen gegen Österreicher

Ermittlungen laufen auch gegen den österreichischen Vizepräsidenten der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere, dem Betreiber des verunglückten Schiffes, sowie gegen den Chef des Krisenstabs der Costa Concordia, Roberto Ferrarini, und gegen Flotten-Inspekteur Paolo Parodi. Ihnen werden Mängel bei der Koordinierung der Rettungsaktion an Bord des Schiffes vorgeworfen. Der gebürtige Ennser soll Kapitän Schettino "keine angemessenen Lösungen" bei der Bewältigung des Notstands vorgeschlagen haben, verlautete aus toskanischen Justizkreisen. Er habe außerdem die Hafenbehörde in der toskanischen Stadt Livorno nicht klar über die Zustände an Bord informiert.

Bei dem Termin am Samstag geht es um die Aufnahme von Beweisen im Vorfeld der Hauptverhandlung. An der Anhörung nehmen Untersuchungsrichter, Staatsanwalt, die Angeklagten und deren Verteidiger sowie Vertreter der zu Schaden gekommenen Parteien teil. "Wir wollen das gesamte Beweismaterial über die Ereignisse auf der Kommandobrücke vor und nach der Havarie vorlegen", sagte der ermittelnde Staatsanwalt, Francesco Verusio.

Nicola Costa erschüttert

Mittlerweile hat sich erstmals Nicola Costa, der ehemalige Präsident der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere und Erbe der Familie, die die Reederei 1854 gegründet hatte, zu Wort gemeldet. "Ich hätte niemals gedacht, dass sich ein Unglück wie jenes der Costa Concordia jemals hätte ereignen können. Und jetzt kommt noch der Unfall der Costa Allegra hinzu", betonte Nicola Costa im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica".

Die beiden Unfälle hätte der Unternehmer nie für möglich gehalten. Nicola Costa hatte die Costa Crociere in den 90er Jahren dem US-Konzern Carnival verkauft.

"Wir hatten die Costa Allegra Anfang der 90er Jahre gebaut, ich hänge sehr an diesem Schiff. Mit dem Schwesterschiff Costa Marina war die Costa Allegra das Schiff des Neubeginns der Gesellschaft", so der Unternehmer. "Die Costa Allegra war ein Tankschiff, das jedoch komplett neu gebaut wurde. Alles ist neu, Motoren, elektrische Anlagen und die so beeindruckenden Glaswände", betonte der Unternehmer.

"Ich bin und werde immer sehr mit der Costa Crociere verbunden sein. Die Reederei ist meine Geschichte und jene meiner Familie. Auf den Schiffen steht unser Name und ich bin sicher, dass die Marke weiterbestehen wird. Es hat sich aber alles geändert, nicht nur die Größe der Schiffe, die immer mehr wächst, sondern auch der Druck der Medien. Alles ist größer, gigantischer geworden", so Nicola Costa. (APA)