Gern stellt sich die Polizei als bürgernah dar. Auch die Forderung nach mehr Transparenz tönt durch die Lande. Doch das ist, wenn es hart auf hart geht, nicht viel mehr als ein Lippenbekenntnis.

Denn wie ist es anders zu verstehen, dass der Verfassungsschutz laut neuem Sicherheitspolizeigesetz jetzt das Recht hat, einzelne Bürger wochenlang zu observieren - aber dass diese Bürger davon nichts erfahren, auch nicht nach Überwachungsende und wenn sich der Verdacht als haltlos herausstellt? Und dass das Datenschutzgesetz, welches ein Anfragerecht eröffnet, auch Gummiregelungen beinhaltet, die eine Auskunftsverweigerung ermöglichen?

Tatsächlich ist der nach viel Vorfeldkritik fast beiläufig erfolgte Beschluss ausgeweiteter Polizeikompetenzen im Nationalrat ein weiterer Sieg unhinterfragter Antiterrorlogik über die Bürgerrechte. Daran ändern auch die neuen Kontrollkompetenzen der ministeriellen Rechtsschutzbeauftragten nichts: Ausgespähte erfahren von deren segensreicher Tätigkeit null.

Vielmehr bleibt das Wissen darüber, wen der Verfassungsschutz als "gefährlich" einschätzt, behördenintern - und Wissen ist Macht. Im vorliegenden Fall läuft das auf Macht ohne Kontrolle hinaus. Dabei wäre gegen einen Missbrauch der erweiterten Lizenz zum Überwachen nichts wirksamer als das Wissen der Überwacher, dass ihnen die Observierten über kurz oder lang auf die Finger schauen.
 (DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2012)