Kindergärtnerin müsste man sein. Aber bitte nicht in Österreich! Chronisch überfüllte Gruppen, schlechte Ausbildung und Bezahlung sind nur drei Umstände, die das Bild der glücklich spielenden Basteltante deutlich relativieren. Aber auch Lehrer oder Universitätsprofessor gehören nicht mehr zu den attraktiven Berufsfeldern. Außer es stört einen nicht, irgendwann im Burnout zu landen.

Jeder weiß, dass in Österreich in Sachen Bildung einiges schiefläuft. Nicht erst seit Pisa. Nicht nur wenn Schüler mit Geldstrafen in die Schule getrieben werden sollen. Und auch nicht erst seit dem Bildungsvolks begehren von vergangenem Herbst.

Pädagogen, Eltern und vor allem Kinder ringen täglich mit jenen Problemen, die auch der Politik seit Jahren hinlänglich bekannt sind. Was mit "fehlender Individualisierung" umschrieben wird, kann man auch als Beziehungslosigkeit bezeichnen. Oder systembedingte Bildungsverunmöglichung. Da gibt es Pädagogen, die dagegen ankämpfen. Und solche, die resignieren. Da gibt es Eltern, die sich einmischen. Und solche, die mit dem Thema Schule am liebsten nichts zu tun haben wollen. Oft aus einer eigenen schulischen Leidensgeschichte heraus. Und da gibt es bildungshungrige Kinder, die das Glück haben, dass ihnen diese Fähigkeit erhalten bleibt. Und solche, die komplett aus dem Schulsystem fallen. Dieses Zufallsprinzip kann und darf nicht sein.

Mit dem Unterausschuss zum Bildungsvolksbegehren wird sich jetzt alles ändern! Nein, natürlich nicht. Aber Bildung ist plötzlich wieder wichtig. Stichwort Frühkindpädagogik: Plötzlich wollen alle Parteien österreichweit einheitliche Gruppengrößen und Ausbildungsstandards. Das ist schön. Wenn auch spät. Und nicht einmal im Ansatz visionär.

Es braucht aber mehr, wenn es darum geht, das heimische Bildungssystem fit für die Zukunft zu machen. Es braucht mehr als etwa die von Bildungsministerin Claudia Schmied angekündigte Einsparung der Bezirksschulräte. Denn das ist die Gefahr für viele: eine Verösterreicherung der Lösung. Die Horrorvision: die Gesamtschule ohne ausreichend Personal und finanzielle Mittel. Die Ganztagsschule mit unmotivierter Nachmittagsbetreuung. Höhere Geldstrafen für Schulschwänzer statt Motivation zu lebenslangem Lernen.

Ideen, wie Lernen erfolgreich gelingen kann, gibt es zuhauf. Dass der Bund dabei für Finanzierung, inhaltliche Zielsetzung und Kontrolle zuständig sein muss, ist unter Bildungs experten unumstritten. Das muss einhergehen mit einer möglichst großen Autonomie vor Ort, was die Personalplanung oder die inhaltliche Schwerpunktsetzung anlangt. Jetzt geht es an die Umsetzung.

Was Hannes Androsch mit seinem Volksbegehren jedenfalls ermöglicht hat: Bildung ist in Österreich wieder ein Thema. Und zwar von der Babykrippe bis zur Universität. Damit es nicht beim Herumdoktern in Teilbereichen bleibt, ist vor allem eines wichtig: Die Debatte darf nicht nur unter der Überschrift "Humankapital" geführt werden, wie das von Wirtschaftsseite gerne angelegt wird. Auch der Universitätsabschluss für alle kann nicht das Ziel sein. Und es geht auch nicht nur um eine bessere Betreuungssituation. Es geht um die Bedürfnisse von Kindern, Eltern und Pädagogen. Wenn sich die Politik daran orientiert, dann war das nicht allein das Verdienst von Androsch. Aber auch. (DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2012)