Wien - Der Einsatz der "elektronischen Fußfessel" bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. 300 bis 500 Fälle wurden bei der Einführung im September 2010 erwartet. Ende 2011 befanden sich nur 156 Verurteilte im elektronisch überwachten Hausarrest - und kein einziger U-Häftling. Insgesamt zeigen die Haftentlastungsmaßnahmen der letzten Jahre wenig Wirkung. Die Gefängnisse sind jetzt, nach einem vorübergehenden Rückgang, wieder so voll wie 2007.

In den Gesetzes-Erläuterungen hielt Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) 2008 "durchgehend 300 Personen pro Jahr" und damit eine "saldierte Ersparnis" von 1,119.820 Euro für "vertretbar". Angesichts der hohen U-Häftlingszahlen hatte sie sich auch für den Einsatz der elektronischen Fußfessel bei U-Häftlingen stark gemacht. Namhafte Praktiker zweifelten schon damals an der Sinnhaftigkeit - weil mit Fußfesseln die Verdunkelungs- oder Tatbegehungsgefahr nicht gebannt würde.

Am stärksten zum Einsatz kommt die elektronische Fußfessel noch in der "Frontdoor"-Variante: 118 der gesamt 156 Hausarreste wurden sofort bei der Verurteilung angetreten. Aus bestehender Haft in den Hausarrest (Backdoor-Variante) kamen nur 38 Fälle. Dies dürfte daran liegen, dass die Voraussetzungen für die Fußfessel denen für Freigänger ähnlich sind - und in den Gefängnissen auch Strukturen für Freigänger (z.B. eigene Abteilungen) bestehen, meint der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser zu diesem Ergebnis seiner parlamentarischen Anfrage.

Er hält die elektronische Fußfessel für ein "sehr gutes Instrument". Und fordert das Justizministerium daher auf, "nachzubessern", damit es stärker zum Einsatz kommt. Denn die gesetzten Ziele der Einsparungen und der Entlastung der Haftanstalten würden derzeit noch verfehlt.

Zur Entlastung der Haftanstalten war schon 2008 die bedingte Entlassung erleichtert, gemeinnützige Arbeit statt kurzen Ersatzfreiheitsstrafen und die Abschiebung ausländischer Straftäter nach halber Haft ermöglicht worden. Auf die Anzahl der Häftlinge hat sich das nur vorübergehend ausgewirkt: Vom Höchststand 8.944 im Jahr 2007 sank sie 2008 auf 8.282, um dann kontinuierlich wieder anzusteigen. Mit Ende 2011 wies das Justizministerium wieder 8.924 Straf-, U- und sonstige Häftlinge aus.

Dabei wurde z.B. das Instrument der gemeinnützigen Leistung statt Ersatzfreiheitsstrafe durchaus angenommen: 3.562 Zuweisungen gab es 2011 - wesentlich mehr als die 1.415 angetretenen Ersatzfreiheitsstrafen. Die bedingten Entlassungen sind 2008 massiv angestiegen, vor allem die neue Variante "nach Hälfte der Strafe" hat aber wieder an Bedeutung verloren. Nach halber Strafe wurden 2011 624 Verurteilte entlassen, insgesamt gab es 2.481 bedingte Entlassungen. Zur vorzeitigen Entlassung ausländischer Straftäter mit Aufenthaltsverbot kam es 432 mal.

Das Problem der übervollen Haftanstalten besteht nach wie vor vor allem in Wien und Niederösterreich. Am stärksten unter Überbelag leidet weiterhin die Wiener Justizanstalt Josefstadt: 1.148 Insassen müssen auf 990 Haftplätzen untergebracht werden, das ist eine Auslastung von 116 Prozent. (APA, 1.4.2012)