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"Seit 22 Jahren heißt es: Blond, blauäugig und aus der Provinz. Da lernt man, damit umgehen."

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Dass Fekter ungezwungen über Junckers Nierenstein-Leiden plaudert, dürfte den abermals nicht amüsieren.

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Harte Kante: Finanzministerin Maria Fekter bedauert, dass sie mit ihrer verfrühten Presse-Information in Kopenhagen Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker in Rage gebracht hat. Aber in der Sache bleibt sie fest: Sie stehe zu ihrer "direkten Art", sagt sie im Gespräch mit Thomas Mayer. Es gehe ihr aber sehr darum, klar zu reden, die Öffentlichkeit sachlich zu informieren. Dass Journalisten und politische Gegner sie als Provinzlerin verhöhnen, stört sie nicht: "Seit 22 Jahren heißt es: Blond, blauäugig und aus der Provinz. Da lernt man damit umgehen. Aber am Ende des Tages rechnet sich die knochentrockene Arbeit. Ich bin als blond, blauäugig aus der Provinz abgestempelt nach Wien gekommen. Und jetzt sitze ich als Finanzministerin da", sagt Fekter. So sei sie als Politikerin zu einer Marke geworden - was gar nicht das Schlechteste sei.

STANDARD: Sie haben in Kopenhagen medial für Aufruhr gesorgt, weil Sie noch vor Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker die Ergebnisse der Sitzung zur Aufstockung der Eurohilfen öffentlich erläutert haben. Der hat daraufhin wütend eine Pressekonferenz abgesagt. War das Absicht?

Fekter: Es war vereinbart, dass ich die österreichischen Medienvertreter informiere, und zwar am Rande, nicht in einer Pressekonferenz. Von der Zeitschiene her war alles sehr knapp. Was nicht abzusehen war und was wir wahrscheinlich unterschätzt haben, war, dass der gesamte Pulk der internationalen Medien plötzlich hinter mir her ist, wie ich das nicht erwartet habe. Das war für mich überraschend, dass plötzlich alle an mir interessiert sind. Das würden wir heute wahrscheinlich so nicht mehr so machen.

STANDARD: Sie sind seit einem Jahr Finanzministerin. Warum, glauben Sie, ist das Interesse so groß an dem, was eine Ministerin eines kleinen Landes in der Eurozone sagt? Ist das anders als in Ihrer Zeit als Innenministerin?

Fekter: Es ist nicht ganz anders. Auch bei den Innenministern hatten wir übergreifende Problembereiche wie die illegale Migration in Europa oder den Aufbau des gesamte Systems der Grenzkontrollen.

STANDARD: Aber ein Auftritt als EU-Innenministerin hätte wohl kaum die Wirkung erzielt wie der als Finanzministerin. Haben Politiker, die aus kleinen Ländern kommen, ein Problem damit zu begreifen, dass man Teil eines größeren politischen Projekts ist, jedes Wort große Wirkung erzielen kann?

Fekter: Meine sehr direkte Art zu reden ist auf dem diplomatischen Parkett ungewohnt. Da ich mich mit den Inhalten der Beratungen sehr intensiv auseinandersetze, kann ich auf Fragen auch relativ konkret antworten. Wenn man komplexe Dinge konkret auf den Punkt bringt, wird das von den Medien geschätzt. Das war wahrscheinlich mit ein Grund, warum sich alle auf mich gestürzt haben, weil von der Fekter bekommen sie auch klare Antworten. Sie wissen, das ist so. Ich sage ganz konkrete Dinge und nicht nur rosarote Wolken.

STANDARD: Gibt es ein Defizit in Österreich in Bezug auf die Bedeutung der europäischen Ebene für die nationale Ebene?

Fekter: Das Verständnis von Europa zu Hause ist schon ein Dilemma. Es kommen viel zu wenige Geschichten der europäischen Ebene, ob aus dem Europaparlament oder den Räten, und erhalten die Aufmerksamkeit der Österreicherinnen und Österreicher. Dieses Spannungsfeld gibt es.

STANDARD: Aber es läge ja an Ihnen, an den Ministern, den Politikern, das Verständnis dafür zu wecken, die Dinge darzustellen, die riesigen Summen einzuordnen.

Fekter: Die großen Summen, um die es bei einem Budget zum Beispiel geht, die sind überhaupt sehr schwer vorstellbar. Deshalb verwenden wir ja so gerne Bilder, um das darzustellen, rechnen Summen in die Länge von Zügen, wie wenn man die Geldscheine aufstapeln würde. Für mich persönlich waren die Zahlen nicht so ein Thema. Ich habe eher eine Freude, so aktiv gestalten zu können.

STANDARD: Waren Sie überrascht, dass Juncker so überreagiert hat?

Fekter: Nein, das hatte einen ganz anderen Grund. Ich habe im Vorfeld des Treffens sehr lange mit ihm gesprochen. Er hat erzählt, dass er Nierensteine hat und direkt aus dem Krankenhaus kommt, enorme Schmerzen hat. Das erscheint mir mit ein Grund, warum er heftig reagiert hat. Ich nehme ihm das nicht krumm, habe mit ihm hinterher gesprochen, mich auch selber entschuldigt, habe aufgeklärt, dass es keine Pressekonferenz war, die ich gegeben habe.

STANDARD: Aber es hat insgesamt kein gutes Bild für die Eurozone gemacht in der Welt. Die USA, China, die Märkte wollten sehen, ob die Eurozonenländer fähig sind, um zu beurteilen, ob sie die Krise mitfinanzieren, und nicht, dass wie im Kindergarten gestritten wird.

Fekter: Deshalb hat mir das mangelnde Timing auch leidgetan. Ich wollte ja nur die österreichischen Journalisten informieren, um die Beschlüsse für zu Hause zu erklären. Das geht halt leichter über die Ministerin als über eine allgemeine Pressekonferenz des Chefs der Eurogruppe.

STANDARD: Wären sie dafür, dass Juncker weiter Eurogruppenchef bleibt, so wie Kanzler Faymann das auch wünscht?

Fekter: Wenn Juncker weitermacht, ist mir das sehr recht. Ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Wenn Wolfgang Schäuble kommt, ist mir das auch sehr recht. Auch mit dem verstehe ich mich sehr gut.

STANDARD: Wenn eine Lage entsteht, dass man einen Kompromisskandidaten braucht, weil zum Beispiel Schäuble von einem Land dezidiert abgelehnt wird, schließen Sie den Job für sich mit absoluter Sicherheit aus, wenn jemand vorschlägt, dass ein Österreicher das machen soll?

Fekter: Das wird niemand sagen. Durch die erfolgte Besetzung des Chefs bei der Euro-Koordination mit einem Österreicher, Thomas Wieser, ist das ganz klar. Man wird nicht zwei Österreicher an der Spitze haben wollen.

STANDARD: Zu ihrer Rolle in Europa: Man hat dennoch den Eindruck, es macht Ihnen zunehmend Spaß als EU-Finanzministerin.

Fekter: Mein Selbstverständnis ist, ich will die Dinge zum Besseren bringen, will gestalten. Andere sind eher auf der repräsentativen Seite, das bin ich sicher nicht. Wenn man natürlich so intensiv arbeitet wie ich, dann fallen dort, wo gehobelt wird, auch Späne, keine Frage. Ich habe einen Bekanntheitsgrad von 98 Prozent, da kann ich nicht erwarten, dass 98 Prozent der Bevölkerung mir jubelnd zustimmen, das geht nicht.

STANDARD: Also die Umstrittenheit Ihrer Person, diese Polarisierung, die stört Sie überhaupt nicht?

Fekter: Nein, die Polarisierung als solche stört mich nicht. Aber wenn ich sehr ungerecht bewertet werde, dann stört mich das schon.

STANDARD: Ganz direkt gefragt, wenn Sie erlauben: Dass Sie in Medien dauernd als "Schottermizzi" tituliert werden oder von manchen an diesem Wochenende hier - pardon - so als "Dummerl aus dem kleinen Österreich", das macht Ihnen wirklich nichts aus? Das muss Sie doch ärgern.

Fekter: Seit 22 Jahren heißt es: blond, blauäugig und aus der Provinz. Da lernt man, damit umgehen. Aber am Ende des Tages rechnet sich die knochentrockene Arbeit. Ich bin als blond, blauäugig aus der Provinz abgestempelt nach Wien gekommen. Und jetzt sitze ich als Finanzministerin da.

STANDARD: Das klingt jetzt ganz danach, dass das aus Ihrer Sicht ruhig noch ein paar Jahre so weitergehen kann.

Fekter: Ich bin den Medien nicht böse, dass sie mich gar so schubladisiert haben, wiewohl ich das manchmal als zutiefst ungerecht, absolut falsch selber bewerte. Aber es hat dazu geführt, dass ich zur Marke geworden bin.

STANDARD: Hat es Ihnen genützt?

Fekter: Ja. Es gibt nicht viele Politiker, die eine Marke sind. Und in Hinblick auf gestern denke ich: Als Politiker kann dir nichts Schlimmeres passieren, als dass man nicht wahrgenommen wird.

STANDARD: So gesehen müssen Sie Juncker dankbar sein. So oft kommt ein österreichischer Minister nicht ins "Wall Street Journal".

Fekter: Wir haben im Finanzministerium zu den Auslandsjournalisten einen guten Draht, sie werden auch eingeladen zu allen möglichen Podiumsdiskussionen, und es gibt auch gute Berichterstattung. Diese Journalisten schätzen es, dass man sie mit Fakten und Zahlen beliefert und dass man eine klare Sprache spricht.

STANDARD: Österreichische Minister, die Regierung tut sich nicht sehr oft hervor in Europa mit Ideen, mit Initiativen, ist eher passiv. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Fekter: Es hängt von den handelnden Personen ab. Denken Sie an die Entscheidung zu den Sanktionen der Kommission gegen Ungarn. Ich habe im ECOFIN die Entscheidung umgedreht und eine Exitstrategie für die Ungarn durchgesetzt. Wenn man Sanktionen verhängt, muss man sie auch wieder loswerden können. Orban weiß jetzt, was er tun muss, um die Sanktionen wieder loszuwerden.

STANDARD: Muss man sich also darauf einstellen, dass es bald verstärkt Fekter'sche Vorstöße gibt, dass Sie Vorfälle wie mit Juncker eher zum Anlass nehmen, in der EU noch offensiver zu werden?

Fekter: Es ist umgekehrt. Dass ich so aktiv bin, immer war und auch immer sein werde, das wird jetzt offenbar stärker wahrgenommen. Es gibt halt Politiker, die halten sich an die Speaking Notes, die die Beamten ihnen aufgeschrieben haben, und ich bin halt insofern entscheidungsfreudig, als ich sage, was ich mir denke, was natürlich mit der Gesamtposition der Regierung abgestimmt ist. Aber wenn mir Schwerpunkte etwas wert sind, dann vertrete ich das auch.

STANDARD: Die Bürger in Österreich sind von dem, was die Regierung tut, offenbar nicht so überzeugt. Warum ist es so schwer, die Maßnahmen etwa in der Eurokrise den Bürgern zu erklären?

Fekter: Das sehe ich auch so, da ist ein großer Mangel. Es ist so, dass die Beträge schwer vorstellbar sind. Das war lange auch so bei den Defiziten in Milliardenhöhen. Was das ist, das hat die Leute nicht so wirklich aufgeregt. Daher ist es enorm schwierig zu erklären, warum man das so tut, wie man es tut.

STANDARD: Man hat den Eindruck, dass die etablierte Politik die Menschen oft gar nicht mehr erreicht, dass sich die Demokratiefrage stellt, das System als Ganzes in Frage gestellt wird. Beunruhigt Sie das?

Fekter: Unsere traditionellen Schienen, die wir als Politiker kennen, die erreichen nur mehr einen Teil der Bevölkerung. Andere haben neue Wege entdeckt, die wir nicht beackern, beispielsweise alles, was sich im Internet und in der Social Community abspielt. Die Piratenpartei, die wird nicht plakatieren, es verändert sich die politische Kommunikation total. Und zweitens sind wir in der politischen Ausrichtung noch stark an Interessengruppen orientiert, an Beamten, den Bauern, den Gewerkschaftern, den ÖBBlern und so weiter. Diese Politik geht zum Teil an den Lebensumständen der Menschen vorbei, man erreicht plötzlich ganz große Gruppen nicht mehr, die sich politisch nicht abbilden.

STANDARD: Die ÖVP steckt ja gerade am tiefsten in der Sinnkrise, in einer Schwächephase. Was tut sie dagegen?

Fekter: Da sind wir gerade dabei, das haben wir genau analysiert. Nehmen Sie zum Beispiel die Gruppe von gut ausgebildeten berufstätigen Frauen mit Doppelbelastung, möglicherweise noch katholisch, tough, beruflich erfolgreich. Die sind in den bestehenden Strukturen des ÖAAB oder des Wirtschaftsbundes nicht mehr abgebildet. Da müssen wir uns wesentlich breiter aufstellen.

STANDARD: Kommen wir zum konkreten Beispiel der Finanztransaktionssteuer. Seit Jahren wird den Bürgern erklärt, dass man diese braucht, dass sie kommen wird. Sie haben die Einnahmen daraus sogar schon ins Budget 2014 geschrieben. Aber es geht nichts weiter, was ist davon zu erwarten?

Fekter: Die Kompromissfindung ist natürlich auf europäischer Ebene sehr, sehr schwer, weil jedem Land das Hemd näher ist als der Rock. Auch wir Österreicher sind da oft sehr selbstbewusst auf unsere Interessen bedacht und sagen: mit uns nicht. Dann leiden die anderen. Die Kompromissfindung ist ausgesprochen schwierig.

STANDARD: Das wisse wir schon lange, aber wohin wird der Kompromiss gehen?

Fekter: Was genau, das kann ich Ihnen heute nicht sagen. Im Grundkonzept wird es eine Besteuerung des Finanzsektors geben, die drei Ziele erfüllen muss. Einmal muss beim der schnellen Hochfrequenzhandel mit Finanzprodukten es einen Lenkungseffekt geben, einen dämpfenden Effekt. Dann muss es einen fiskalischen Effekt geben, es muss für den Staat Geld hereinkommen. Und das dritte Element, dieser Sektor, der uns seit 2008 so viele Krise eingebracht hat, der muss selber Geld aufstellen, um zur Stabilisierung etwas zu bewerkstelligen.

STANDARD: Aber die ursprüngliche Zielsetzung zur Finanztransaktionssteuer, dass laut EU-Kommission mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr hrreinkommen und alle Finanzgeschäfte besteuert werden in der Union, das ist gestorben?

Fekter: Das kann Ihnen in Wahrheit heute niemand sagen, weil man nicht weiß, wie viele Länder mittun und was die Bemessungsgrundlage ist. Solange man das nicht weiß, kann man das seriöserweise auch nicht berechnen und sagen, was rauskommt.

STANDARD: Bis wann muss eine Entscheidung fallen, damit das 2014 wirksam ist und Sie die Einnahmen haben, die Sie angekündigt haben?

Fekter: Es kommt darauf an, wie man beginnt, was man macht, wie man die Sache in Angriff nimmt. Deshalb machen wir ja Druck, wie Deutschland auch, das die Einahmen auch im Budgetpfad eingerechnet hat.

STANDARD: Was bedeuten die Beschlüsse zur Ausweitung des Rettungsschirms, die Anhebung der Garantiesummen auf 800 Milliarden Euro?

Fekter: Das, was wir im Ministerrat schon beschlossen haben, was derzeit im Parlament liegt zur Beschlussfassung, das wird für Österreich nicht verändert. Nach dem Zahlungsstabilitätsgesetz haben wir Haftungsobergrenzen von 21 Milliarden Euro aus dem EFSF, zusätzlich Zinsen. Diese Haftungen stehen zur Verfügung und werden derzeit nicht gebraucht.

STANDARD: Wenn weitere Eurohilfen gebraucht werden, müssen die extra wieder beschlossen und im Parlament bestätigt werden, oder reicht es, dass die Regierung das vereinbart mit den Europartnern?

Fekter: Was den ESM, den künftigen Währungsfonds, betrifft wird gerade beraten, wie die Abrufung der Haftungssummen parlamentarisch mitbegleitet werden. Darüber wird mit den Grünen gerade verhandelt, weil wir deren Zustimmung brauchen bei der Änderung des Artikel 136 im EU-Vertrag.

STANDARD: Das heißt, die Gesamthaftungssumme steigt dann mit EFSF und ESM auf über 40 Milliarden Euro?

Fekter: Einmal sind es 21 Milliarden und im ESM rund 19 Milliarden Euro, es sind in Summe etwa 40 Milliarden Euro. Das Haftungsobergrenzengesetz insgesamt macht in Österreich 190 Milliarden aus. Da sind alle Haftungen drin, die wir eingehen, wie bei der Kontrollbank zum Beispiel oder bei ausgegliederten Gesellschaften. Das dürfen wir nicht insgesamt überschreiten.

STANDARD: Und was sind die unmittelbaren Folgen fürs Budget? Stimmt es, dass Sie nach den Beschlüssen in Kopenhagen nicht nur heuer, sondern auch 2013 wieder 900 Millionen Euro vorzeitig in den ESM einzahlen müssen?

Fekter: Man hat die fünf Einzahlungstranchen, die ursprünglich jährlich angefallen wären, zusammengestaucht. Wir zahlen jetzt die Tranchen im Halbjahresabstand ein.

STANDARD: Wie wird das bis Mitte 2014 finanziert, müssen Sie dann im Budget für 2013 neue Sparmaßnahmen setzen?

Fekter: Nein, das Geld ist ja im langfristigen Budgetpfad bereits eingeplant. Es hat natürlich Liquiditätsauswirkungen, aber das werden wir aufbringen. Und im Übrigen ist das ja nicht Maastricht-wirksam, betrifft nicht die Defizitobergrenze, es wird im Budget nicht als zusätzliches Defizit vermerkt, denn es steht als Vermögen in den Büchern.

STANDARD: Ursprünglich war geplant, dass die EFSF-Gelder in den ESM übergehen, der mit 500 Milliarden Euro begrenzt ist. Nun hat man das auf 2014 hinausgeschoben. Muss dann neu entschieden werden, was mit dieser Obergrenze geschieht, ob man sie dann beendet oder sogar noch länger weiterlaufen lässt, oder geht das automatisch?

Fekter: Mit Sicherheit werden wir uns kontinuierlich mit dem Management der Eurozone zu befassen haben. Der ESM und der EFSF waren die Instrumente, die man geschaffen hat, damit man unsere Währung in der Krise managen kann, das konnte man vorher nicht. Daher haben wir gesagt, wir machen uns eine Art europäischen Währungsfonds, der in Sondersituationen eine Aufgabe hat. Das war ein Konstruktionsfehler bei der Schaffung des Euro, dass wir das bisher nicht hatten.

STANDARD: 2011 hatten sie einen besseren Budgetabschluss als geplant, kommt Österreich nun aus dem laufenden Defizitverfahren der EU-Kommisison heraus?

Fekter: Es ist so, dass wir den Rechnungsabschluss 2011 enorm gut hinbekommen haben, aber es war vor allem konjunkturell veranlasst. Die wichtigere Frage ist, ob sich auch die Strukturen verbessert haben, das strukturelle Defizit. Das hat sich auch verbessert. Die Länder haben besser abgeschlossen als geplant, und es haben die Ministerien ihre Sparziele gut erreicht. Strukturell sind wir also gut unterwegs, so dass ich damit rechne, dass wir aus dem Defizitverfahren der EU-Kommission herauskommen. Auch wenn wir einmalige Maßnahmen wie die Volksbanken-Rettung zu tun hatten, dass wir das Geld aufstellen können. Aber strukturell sind wir gut unterwegs.

STANDARD: Rechnen Sie damit, dass die Programmländer wie Griechenland oder Portugal und Spanien demnächst Hilfszahlungen brauchen?

Fekter: Spanien hat einen Sachstandsbericht gebracht, erklärt, warum sie im Vorjahr gar so schlecht abgeschnitten haben. Die Vorgängerregierung hat das Ziel absolut nicht erreicht, die Spanier haben auch noch ein föderales Problem, die Regionen sind nicht so mit im Boot, wie es notwendig wäre. Und die Konjunktur ist nicht angesprungen, wie es erwartet wurde. Also Spanien hat massive Anstrengungen unternommen, ist aber unter den Erwartungen. Belgien ist gut auf dem Weg, auch die anderen sind ganz gut auf dem Weg.

STANDARD: Unmittelbar rechnen Sie also nicht damit, dass Spanien Hilfe der Europartner braucht?

Fekter: Das Land hat sich zuletzt gut refinanzieren können und hat außerdem andere Fundamentaldaten, die nicht so große Sorge bereiten. Aber das Defizit ist nach wie vor viel zu hoch in Spanien. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Langfassung, 1.4.2012)