Wenn es stimmt, dass Aung San Suu Kyi am Sonntag über 80 Prozent der Stimmen bekommen hat, dann entspricht das etwa dem Wahlergebnis von 1990. Bloß ging es damals um alle Stimmen und nicht um eine Nachwahl. Und damals sperrte die Junta die Wahlsiegerin ein, heute versucht sie sie einzubinden. Suu Kyis Partei dürfte aber ohnehin nur etwa 30 von 600 Sitzen im Parlament belegen. Dafür sorgte die Junta bereits im Vorfeld.

Trotzdem hat die "Lady" ein mächtiges Werkzeug in Händen, von ihrer Bewertung der Wahl hängt ab, ob die USA und die EU ihre Sanktionen gegen Burma lockern. Diese Lockerung ist für Präsident Thein Shein elementar, will er sich doch gen Westen öffnen, um Burma aus der einseitigen wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit von China zu lösen. Der "Gorbatschow von Burma" braucht die "Lady", um international noch salonfähiger zu werden.

Sie muss die Balance zwischen Zusammenarbeit und Distanz halten, um glaubwürdig zu bleiben. Suu Kyis Kapital ist die Hoffnung. Diese dürfte aber auch von der Ernüchterung eingeholt werden, wenn sie die hohen Erwartungen nicht erfüllen wird können. Thein Shein wiederum ist schwer unter Druck seiner Junta-"Freunde". Fraglich ist auch, ob es ihm gelingt, den Waffenstillstand mit den Rebellen zu etablieren. Von der innenpolitischen Stabilität hängt aber ab, ob er die Öffnung weiter vorantreiben kann. Und daran hängt letztlich auch das Schicksal der Lady. (DER STANDARD, 2.4.2012)