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"Wir sind also eine unzufriedene Bewegung", sagt Werner Faymann am Wiener Rathausplatz. "Wir sind erst zufrieden, wenn Menschen eine Arbeit haben, von der sie auch leben können, wo sie nicht drei Jobs brauchen, um einmal auszukommen für ihr Leben.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Die SPÖ hat am heutigen 1. Mai beim traditionellen Aufmarsch in Wien vor der steigenden Arbeitslosigkeit in Europa gewarnt - und dabei vor allem auf die Zahlen bei den Jugendlichen verwiesen. "Es kann nicht gerecht sein, wenn junge Leute nicht einmal die Chance bekommen, sich mit Arbeit zu beweisen und Geld zu verdienen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann in seiner Rede: "Wenn 5 Millionen Jugendliche in Europa keine Arbeit finden, was willst du denen sagen über unser Gesellschaftssystem? Außer, dass dieses System in vielen Bereichen ungerecht ist."

"Wir sind eine unzufriedene Bewegung"

Daher, so betonte er, brauche es eine starke Sozialdemokratie. In Österreich gebe es zwar die höchste Beschäftigung seit 1945 und eine geringe Jugendarbeitslosigkeit, die Sozialdemokratie sei jedoch eine europäische Bewegung. "Wir sind erst zufrieden, wenn Menschen eine Arbeit haben, von der sie auch leben können, wo sie nicht drei Jobs brauchen, um einmal auszukommen für ihr Leben. Wir sind also eine unzufriedene Bewegung", betonte Faymann.

Dies sei man "immer gewesen", so lange es nicht gerecht zugehe. Dazu würden auch gleiche Chancen in der Bildungspolitik gehören: "Auch in Österreich fehlt die gemeinsame Schule noch, die wir habe wollen, weil jedes Kind gleich viel wert ist." Elite heiße, jeder solle die Chance haben, zu den besten zu gehören - und nicht einige wenige, weil sie reich zur Welt gekommen seien, befand der Kanzler.

Tausende bei Maifeier

Das rote Mai-Event am Rathausplatz ist die größte Veranstaltung zum Tag der Arbeit. Auch heuer marschierten tausende Menschen aus den Bezirksorganisationen bzw. der Teil- und Vorfeldorganisationen im Sternmarsch zum Rathaus - bei rekordverdächtigen hochsommerlichen Temperaturen. Bei der Schlusskundgebung ergriffen neben Bundeskanzler Faymann auch Vizebürgermeisterin Renate Brauner, ÖGB-Präsident Erich Foglar sowie Bürgermeister Michael Häupl das Wort.

Letzterer berichtete davon, dass er in den vergangenen Tagen - angesichts der Absage in Graz - des öfteren gefragt worden sei, ob in Wien die Feiern zum 1. Mai abgehalten werden. "Ich bin froh, dass ihr alle heute die Antwort gegeben habt", dankte er den Teilnehmern. Die Maifeiern fänden in Wien statt und würden dies auch künftig tun, versprach das Stadtoberhaupt. 

Faymann warnt vor Schwarz-Blau

Bundeskanzler Werner Faymann ließ auch erste Wahlkampftöne erklingen. Er warnte vor eine Neuauflage einer ÖVP-FPÖ-Koalition. "Vergessen wir nicht die schwarz-blaue Regierung. Damals, ganz ohne Wirtschaftskrise, während andere Länder Rekordzahlen in der Beschäftigung veröffentlicht haben, hatte Österreich die höchste Arbeitslosigkeit", erinnerte sich der Kanzler in seiner Rede am Maiaufmarsch - zu dem laut SPÖ heuer mehr als 100.000 Menschen erschienen sind.

Dies, so betonte Faymann, sei der Unterschied zwischen Schwarz-Blau und der SPÖ. Wenn es die Sozialdemokratie nicht gäbe, würde die Kluft zwischen Arm und Reich jeden Tag auseinandergehen - so weit, "dass dazwischen die Mittelschichten keinen Platz mehr haben und die Armen immer ärmer werden".

Und es gebe auch Parteien, die den Hass predigen würden. Faymann erteilte einmal mehr einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine Absage: "Mit diesen Straches haben wir nichts am Hut. Die brauchen wir in keiner Regierung. Weder in der Stadt, noch in Österreich in unserer Heimat." Und Heimat sei für die SPÖ dort, "wo jeder Mensch die gleichen Chancen hat".

Häupl fordert "gerechteres Steuersystem"

Der Wiener SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Häupl plädierte in seiner Rede für ein "gerechteres Steuersystem". Ohne ein solches gebe es keine gerechte Gesellschaft, versicherte er. Österreich sei ein reiches Land. Auf dieser Basis müsse die Verteilungs-Diskussion geführt werden, forderte Häupl. Zudem gehe es "mit Sicherheit" nicht nur darum, die Trümmer der Krise zu beseitigen, sondern darum, die Zukunft zu sichern. Dies sei mit Investitionen etwa in die Bereiche Gesundheit, Bildung, Forschung oder Beschäftigungspolitik möglich.

Auch Häupl stellte klar, dass er von einer schwarz-blauen Zusammenarbeit eher wenig hält. "Wir wollen alles daran setzen, dass in diesem Land Schwarz-Blau nicht mehr zum Regieren kommt", lautete sein Appell an die rote Basis. Auch in der Sozialdemokratie sei "nicht aller perfekt". Ausgangspunkt der Krise sei jedoch der Neoliberalismus gewesen. Der 1. Mai sei auch ein Hinweis an all jene, die meinen, man müsse zu diesem - unter Ausschluss der Sozialdemokratie - zurückkehren.

ÖGB-Präsident Erich Foglar garantierte den Zuhörern, dass der 1. Mai zeitgemäß sei. Denn es sei zu allen Zeiten notwendig, für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Das europäische Sozialsystem sei nicht passe: "Nicht die Sozialsysteme, nicht die Krankenversorgung, nicht die Pensionsversicherungen, nicht die Arbeitslosenversicherung, keine Mindestsicherung und keine Beschäftigungsprogramme haben die Welt in eine Finanz- und in eine Wirtschaftskrise gestürzt." Für diese seien vielmehr deregulierte und privatisierte Finanzmärkte verantwortlich.(APA, 1.5.2012)