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98 Prozent der Zuchtgarnelen in Thailand sind White Shrimps, andere Arten sind anfälliger für bestimmte Viren. Ein solcher brachte die Zucht von Black Tiger Shrimps beinahe zum Erliegen.

Foto: AP

"Es gibt sie gebraten, gegrillt, als Cocktail, als Burger ..." – spätestens seit Bubba seinem Armeefreund Forrest Gump im gleichnamigen Filmdrama sämtliche Zubereitungsarten der Krustentiere aufzählt, die er kennt, ist klar: Shrimps sind vielseitig verwendbar und aus der westlichen Küche nicht mehr wegzudenken.

Die Garnelen auf Ihrem Teller kommen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vom Kutter der Bubba Gump Shrimp Co., sondern aus einer Aquafarm in Südostasien. Ziemlich sicher handelt es sich dabei um ein Krustentier mit dem biologischen Namen Litopenaeus vannamei, auch Pacific White Shrimp genannt.

Widerstandsfähigere Tiere

Weltweit ist diese Art bei Züchtern beliebt, weil sie als besonders robust gilt. "Litopenaeus vannamei machen heute 98 Prozent der thailändischen Produktion aus", sagt Timothy W. Flegel, Direktor des Center of Excellence for Shrimp Molecular Biology and Biotechnology (Centex Shrimp) in Bangkok, das 2001 gegründet wurde. Thailand ist der größte Garnelenexporteur der Welt: Allein 2009 exportierte man Garnelen im Wert von 2,64 Milliarden US-Dollar. Zu den größten Importeuren zählen die USA, Japan und Europa. Der Siegeszug der Pacific White Shrimps kam aber nicht von ungefähr: Bis vor zehn Jahren waren die Black Tiger Shrimps (Panaeus monodon, auch Giant oder Jumbo Tiger Shrimp genannt) in Thailand erste Wahl. Sie sind mit einer Größe von bis zu 36 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 650 Gramm die größten der Welt. Aber Krankheiten und der Rückgang der natürlichen Vorkommen brachte ihre Produktion 2002 zum Stillstand.

Die ersten Probleme tauchten bereits in den 1990ern auf. Sogenannte Yellow-Head- und White-Spot-Syndrome-Viren beschäftigten die Wissenschaft. Die Krankheiten konnten dank forcierter Forschung in den Griff bekommen werden. 2001 tauchte aber das Monodon Slow Growth Syndrome auf. Es führte dazu, dass die Shrimps kleiner blieben und weniger Ertrag abwarfen.

Letztendlich schwenkte die Industrie auf die White Shrimps um, die für diese Krankheit nicht anfällig sind und einen verlässlichen Ertrag bringen. Sie wachsen zudem schneller als ihre Artgenossen und kommen mit weniger Platz im Zuchtbecken aus. Wurden die ersten Exemplare noch importiert, hatten die Thailänder 2002 bereits mit einer eigenen Nachzüchtung Erfolg. Die Black Tiger Shrimps wurden schließlich fast ganz verdrängt.

Es gibt allerdings Bemühungen von staatlicher, aber auch privater Seite, die Black-Tiger-Shrimps-Zucht wieder anzukurbeln – auch mit Mitteln der Biotechnologie. Denn obwohl der Hektarertrag an Shrimps in Thailand bei beiden Garnelenarten weltweit am höchsten ist, schließen Vietnam, China, Indien und Indonesien langsam auf. Thailand befürchtet, dass seine Industrie auf lange Sicht nicht mehr mithalten kann, weil das Lohnniveau in diesen Ländern niedriger ist.

Geforscht wird daher unter anderem an einer pathogenfreien Art der Black Tiger Shrimps, die schneller wächst und immer dieselbe Größe hat. Damit möchte man die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt festigen. "Tiger Prawns sind sehr beliebt, weil sie rasch wachsen und viel Fleisch haben", sagt Flegel. Allerdings würden die meisten nicht gezüchtet, sondern in freier Wildbahn gefangen, um dann gezüchtet zu werden.

Der Biotechnologe vergleicht das mit russischem Roulette: "Die wilden Tiere können Krankheiten in die Zuchtbecken einschleppen. Man kann sie zwar auf Viren untersuchen, aber es kommt vor, dass sich kein Virus nachweisen lässt, und zwei Monate später stirbt alles." Ein Desaster für jeden Shrimpsfarmer. "Aufgrund dieses hohen Risikos ist so gut wie jedes Shrimps produzierende Land auf die Züchtung von genetisch selektierten White Shrimps umgestiegen", sagt Flegel. "Diese wachsen zweimal so schnell wie wilde Shrimps."

"Unterschiedliche Arten sind unterschiedlich anfällig für Viren", antwortet Flegel auf die Frage, ob nicht gerade Monokulturen anfällig für Krankheiten seien. Besonders gefährlich sei das White Spot Syndrome Virus, das jede Spezies – wild und gezüchtet – befallen könne. Auch das Kreuzen unterschiedlicher Arten untereinander würde nichts bringen: "Das könnte sogar gefährlich sein, weil bestimmte Arten einen Virus in sich tragen, der ihnen zwar nichts anhaben kann, andere Arten jedoch tötet", erläutert Flegel.

Shrimps produzieren keine Antikörper, scheinen aber einen Abwehrmechanismus gegen Viropathogene entwickelt zu haben. "Wir haben es mit einer Spezies zu tun, die seit Jahrtausenden mit dem Virus lebt und eine ganze Menge Virenteile in ihren Genom trägt, sodass ihr der Virus nichts anhaben kann", sagt Flegel. Man habe Teile des White Spot Syndrome Virus im Shrimp-Genom gefunden. Einige dieser Inserts haben den Shrimps geholfen, mit der Krankheit umzugehen.

Neues Ungemach

"Es sieht so aus, als ob die Tiere Teile des Viropathogens aufpicken und sozusagen ihre eigene Genmanipulation durchführen und in ihr Genom einbauen", sagt der Forscher. Einige dieser Teile produzieren in einem " negativen Sinn" RNA und kombinieren diese dann mit der Boten-RNA des Virus, womit dieser unterdrückt wird, haben die Wissenschafter herausgefunden. "Das geben sie an die nächste Generation weiter", sagt Flegel. Er sieht darin eine Möglichkeit, Viren durch gezielte Züchtung zu bekämpfen. Der Beweis sei aber noch ausständig.

Schon droht neues Ungemach, diesmal heißt der Virus Infektiöse Myonekrose Virus (IMNV). Es handelt sich dabei um einen relativ jungen Virus, der bisher Brasilien (seit 2002) und Indonesien (seit 2006) betroffen hat. Ende 2007 oder 2008 trat er erstmals in Sumatra auf, 2009 in China, 2010 und 2011 hat es Vietnam erwischt, wo der Virus in einem Distrikt 90 Prozent der dort gezüchteten Vannamei tötete. Die Unruhe ist daher groß. Flegel: "Es gibt große Anstrengungen vonseiten Thailands, Vietnams und der Philippinen, dieses Ding zu stoppen." (Markus Böhm aus Bangkok, DER STANDARD, 02.05.2012)

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Wissen: Aquakultur

Zwischen 1997 und 2007 hat sich die Aquakulturproduktion weltweit fast verdoppelt und ist der am schnellsten wachsende Bereich der Lebensmittelproduktion. Mehr als 90 Prozent kommt dabei aus Asien. An erster Stelle findet man China. In Indien (Rang zwei) haben sich Menge und Wert der Aquakulturproduktion seit 1997 verdoppelt. Platz drei nimmt Indonesien (v. a. Seetang und Algen) ein. Vietnam (Pangasius, Garnelen als wichtigste Aquakulturprodukte) auf Rang vier, gefolgt von Thailand, wo Shrimps (siehe Artikel) die Hauptrolle spielen. Den ersten Stockerlplatz in den Top Ten der Krustentierarten aus Aquafarmen weltweit nimmt der White Shrimp (L. vannamei) ein. Da in den letzten Jahren zunehmend Kritik an der Garnelenzucht (Der Standard berichtete) laut wurde, hat beispielsweise die thailändische Regierung ihr Qualitätsprogramm 2010 ausgeweitet und Aquakulturen im Mangrovengebiet untersagt sowie den Einsatz von Arzneimitteln und Chemikalien weiter eingeschränkt. (max)