Alles, was mehr als eine Person weiß, ist kein Geheimnis. Und: In jedem Freunderl-Netzwerk gibt es eine (oder mehr) schwache Stelle. Der Korruptionsuntersuchungsausschuss verursachte vergangene Woche - zunächst nahezu unbemerkt - einen großen Riss im Grasser/Buwog-Freunderl-Netzwerk. Aber auch die Methoden der Tageszeitung "Österreich" beim Keilen von Inseraten aus Faymann-nahen Institutionen könnten im U-Ausschuss erhellend zur Sprache kommen.

Der Reihe nach: Grassers seinerzeitiger Kabinettschef Heinrich Traumüller brach Donnerstagabend unter der Befragung des Grünen-Abgeordneten praktisch zusammen. Das im Kurier veröffentlichte Protokoll seiner Aussage lässt sich auf folgenden Tatbestand eindampfen: Grasser wurde 2004 über das Angebot des einen Bieters (CA-Immo) für die Buwog-Wohnungen informiert; daraufhin ließ Grasser die endgültige Vergabesitzung absagen und ordnete eine zweite Bieterrunde an. In dieser bietet der zweite Bieter (Immofinanz) plötzlich 961 Millionen, um eine Million mehr als CA Immo.

Der damalige Chef der Immofinanz hat aber schon ausgesagt, dass er vorher von Grassers Trauzeugen Walter Meischberger über die Höhe des Angebots der CA Immo informiert wurde und dieses so ganz knapp überboten werden konnte. Das war der Immofinanz, die dann auch den Zuschlag erhielt, rund zehn Millionen Euro Provision für Meischberger wert. Verdacht der Staatsanwaltschaft (mit Unschuldsvermutung): Grasser hat Meischberger von der konkreten Höhe des CA Immo-Angebots informiert und (zusammen mit seinem Freund Plech, der in der Vergabkommission saß) an der Provision mitgeschnitten.

Traumüllers Aussage (die das Gegenteil von dem ist, was er früher sagte) zertrümmert die Behauptung Grassers, es sei bei der Buwog alles "supersauber" gewesen und er habe sich völlig herausgehalten (es gibt dazu noch weitere Details). Sie ist kein Beweis, dass Grasser an der Provision mitgeschnitten hat; aber es wird immer klarer, wie die Sache so gelaufen sein könnte.

Immer klarer wird auch, wie es gelaufen sein könnte, wenn staatsnahe Firmen oder Ministerien in Unsummen an Steuergeld für Inserate in Krawallzeitungen stecken (müssen), an denen Werner Faymann ein Interesse hatte und hat. Auch hier spielt Peter Pilz eine wichtige Rolle. In einem Interview mit dem "Falter" sagte er einmal, Wolfgang Fellner ("Österreich") habe ihn wegen Inseraten der Grünen unter Druck gesetzt (Unschuldsvermutung). Fellner klagte Pilz, und nun will dieser Faymann, seinen Adlatus Ostermayer und Fellner als "Auskunftspersonen" vor den Ausschuss laden.

Hier könnte z. B. zur Sprache kommen, warum die ÖBB und die Straßenbaufirma Asfinag unter Infrastrukturminister Faymann Unsummen in "Krone" und "Österreich" inserieren mussten, obwohl die Firmen das nicht wirklich wollten. Für die Ladung ist eine einfache Mehrheit im Ausschuss notwendig. Die ÖVP müsste also dafür stimmen und damit die Wut der SPÖ riskieren. Aber auch so wird immer deutlicher, wie die Dinge so gelaufen sein könnten. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 2.5.2012)