Amel Demiri brächte für den Kochberuf "Talent und Leidenschaft" mit, meint sein potenzieller Chef. Als Asylwerber jedoch darf er keine Lehre machen - für ihn und den Gastronomen unverständlich.

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Sulzberg/Wien - Amel Demiri möchte gerne Koch werden. Christian Giselbrecht, der Wirt vom Alpenblick, sucht dringend einen Kochlehrling. Alles paletti, könnte man nun meinen. Weit gefehlt. Der 20-jährige Amel, seit fünf Jahren im Bregenzerwälder Dorf Sulzberg daheim, bekommt keine Arbeitsbewilligung. Amel hat kein Visum, wartet wie seine Eltern und seine beiden Geschwister auf die Entscheidung über seinen Asylantrag. "Ich hab hier die Hauptschule nachgeholt, alles ist super gelaufen", sagt Amel, der aus dem Kosovo stammt. "Dann wollte ich eine Lehre als Tischler oder Koch machen. Herr Giselbrecht hätte mich als Koch genommen. Aber es geht nicht."

Die Arbeitsbewilligung scheitert am Bartenstein-Erlass. Dieser verpflichtet das Arbeitsmarktservice (AMS), ein "Ersatzkraftverfahren" durchzuführen: zu prüfen, ob eine einheimische Arbeitskraft oder eine ausländische mit Bewilligung zur Verfügung steht. Da nützten auch Briefe des potenziellen Lehrherrn bei AMS und Bezirkshauptmannschaft nichts. "Ich hab geschildert, wie schwierig es ist, einen Lehrling zu finden", erzählt Christian Giselbrecht, "und auch, dass Amel Talent und Leidenschaft für den Beruf hat."

Befristete Arbeitsbewilligung als Saisonkraft

Amel bekam auf Intervention der Caritas eine bis 15. Mai befristete Arbeitsbewilligung als Saisonkraft, war Hilfskoch im Alpenblick und arbeitet nun im benachbarten Ochsen. Demiri: "Ich durfte alle Stationen durchmachen, hab irrsinnig viel gelernt. Ich würde aber gerne noch mehr lernen." Gastronom Giselbrecht bedauert, dass kein Lehrverhältnis zustande kommen durfte: "Da könnte jemand die Wartezeit bis zur Erledigung des Asylverfahrens sinnvoll für die Ausbildung nutzen, aber darf es nicht. Das zu verstehen fällt mir schwer."

Wie Amel Demiri ergehe es allein in Vorarlberg rund 50 jungen Asylwerbern, sagt Martin Fellacher, zuständiger Fachbereichsleiter der Caritas: "Wenn die Schulpflicht beendet ist, haben sie keine Möglichkeit für eine weitere Ausbildung. Außer sie schaffen eine höhere Schule, aber das sind wenige."

Nur Kurzausbildung erlaubt

Keinen Lehrplatz zu bekommen kratze am Selbstwertgefühl der jungen Menschen. "Sie verlieren die Motivation", sagt Fellacher: Eine Sicht der Dinge, die Unterstützer jugendlicher Asylwerber österreichweit teilen. Tatsächlich laufen seit Jahren Bemühungen, das Arbeits- und Lehrverbot zumindest zu relativieren. "Nach langen Verhandlungen mit dem AMS ist es mir gelungen, den Jugendlichen zwei- bis dreimonatige Kurzausbildungen, etwa zu Heimhelfern, Kindergruppenbetreuern oder Rezeptionisten, zu ermöglichen. Anschließend dürfen sie zweimonatige Volontariate machen", schildert Veronika Krainz von der Wiener NGO Lobby 16. Immerhin sei das ein Sprungbrett für spätere Berufsausbildung - "im Falle sie Asyl oder humanitären Aufenthalt bekommen".

Krainz sieht den Kern des Problems in den "immer noch zu langen Asylverfahren"; denn ab Asylgewährung ist für Jugendliche wie Erwachsene voller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt. Wer bereits fünf Jahre oder noch länger warte, solle eine Niederlassungsbewilligung mit Jobzugang bekommen, wiederholt sie eine notorische Forderung von Grünen und NGOs.

Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch wiederum startet dieser Tage eine Kampagne für Zugang zu Lehre und Arbeitsmarkt für Asylsuchende: für eine Bewilligung nach sechs Monaten im Verfahren, erstmals für ein Jahr. "Das Problem ist uns bewusst, wir arbeiten derzeit an Verbesserungen", heißt es dazu aus dem Büro von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Vielleicht seien bald Änderungen beim Bartenstein-Erlass möglich. (Jutta Berger/Irene Brickner, DER STANDARD, 2.5.2012)