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Tim Duncan ist das Herzstück der heuer dominierenden San Antonio Spurs.

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Wenn der beste Basketballer des Planeten, LeBron James, mit seinem Kollegen Dwyane Wade ins Laufen kommt, hat der Gegner schon fast verloren.

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Oklahoma City/Wien - Die Oklahoma City Thunder haben den Siegeszug der San Antonio Spurs in in der NBA gestoppt. Und doch ist der 102:82-Sieg im dritten Spiel des Play-off-Halbfinales vor heimischer Kulisse nicht mehr als die Verhinderung eine Vorentscheidung im Kampf um den Finaleinzug. Immerhin, jetzt ist es eine Serie, es steht nur mehr 2:1 für die Spurs.

"Sie haben einfach cleverer gespielt und härter gekämpft als wir", sagte Spurs-Coach Gregg Popovich, der mit seinem Team erstmals seit dem 11. April eine Niederlage einstecken musste. Grund dafür war vor allem die starke Defensivleistung Oklahomas, durch die die Spurs-Superstars Tony Parker (16 Punkte) und Tim Duncan (11) kaum zur Entfaltung kamen. "Wir haben von Beginn an großartig verteidigt. Besser kann man defensiv gegen das beste Basketballteam der Welt nicht spielen", sagte Thunders-Trainer Scott Brooks.

Bestes Basketball-Team. Der Welt. Wer sich an großer Basketball-Kunst delektieren kann, hat heuer mit den San Antonio Spurs viel Freude. Und das Spiel der Texaner ist auch zum Zungeschnalzen, selbst wenn sich eine ungeschlagene Post-Season nicht ausgeht. Die Spurs werden über eine Play-off-Serie kaum aus dem Weg zu räumen sein, haben ihre elf bisherigen Spiele durchschnittlich mit über zwölf Punkten Vorsprung gewonnen, treffen bärenstarke 41 Prozent von der Dreierlinie und verteilen bei 65 Prozent der erzielten Punkte Assists. Das sind sagenhafte Statistiken. Da muss man sich auch mal bei einer Niederlage keine Sorgen machen.

Das Team der Stunde ist perfekt zusammengestellt für den Meistertitel: Man hat aggressive Guards (Parker, Evergreen Ginobili), große Routine unter dem Korb (Duncan, Diaw, Splitter) und starke Athleten am Flügel (Leonard, Green, Captain Jack). Das Herzstück ist natürlich Tim Duncan, der dabei ist, seinen fünften Titel zu holen. Er ist einer der Veteranen, die schon lange an Bord sind, die erste Meisterschaft mit dem Kern des Teams gelang 2003 gegen die New Jersey Nets. Mit der Ära Duncan begann eine Dominanz, die in 15 aufeinanderfolgenden Play-off-Teilnahmen gipfelte. Ein NBA-Rekord. 

Wie eine gut geölte Maschine

Oklahoma City hat mit einer Energieleistung das drohende Aus verhindert, die Spurs bleiben aber das bessere Team. Besondere Schwierigkeiten haben die Thunder über die gesamte Serie gesehen beim Pick 'n' Roll, vor allem der behäbige Center Kendrick Perkins kann Tony Parker nur selten stoppen und führt alle Defensiv-Bemühungen der Thunder ad absurdum. Der Ausschnitt aus Video Nummer eins ist exemplarisch für das tolle Spacing der Spurs und die Uneigennützigkeit der Spieler: Parker findet einen genau zum richtigen Zeitpunkt abrollenden Tim Duncan, der wiederum den Ball gegen die Help-Defense weiterwandern lässt, bis der freie Mann gefunden ist. Die Offensive wird fast immer gut exekutiert.

Oklahoma City hat seine Strategie geändert. Dem Top-Trio Durant, Westbrook und Harden wurde öfter ein Serge Ibaka, Nick Collison oder ein Tabo Sefalosha zur Seite gestellt, anstatt es allzu oft mit Perkins und Derek Fisher zu probieren. Vielleicht reicht es für Oklahoma schon, wenn Spielmacher Russell Westbrook nicht 24 Würfe nimmt, um 27 Punkte zu erzielen (wie in Spiel zwei). Die Thunder sind zwar extrem explosiv, das haben schon Kobe Bryant und seine Lakers schmerzlich zu spüren bekommen. Die Spurs verteidigen aber als Kollektiv. Und zelebrieren als Draufgabe europäischen Basketball in Perfektion (drive and dish, high screens, back-door cuts etc., etc.). Über eine Serie gesehen, haben die Spurs die Nase vorne. Und das Beste überhaupt: Duncan und Co. sind so gut, dass sogar die Miami Heat mit LeBron James und Dwyane Wade in ihrer Glanzzeit nur Außenseiter sein werden in den NBA-Finals. Da muss man einmal runterschlucken.

Die Mission des LeBron James und das Ende einer Ära

Boston darf stolz sein auf seine Celtics, auch wenn sie in den Conference Finals gegen Miami ausscheiden werden. Ein Mann muss dabei einzeln vor den Vorhang gebeten werden: Rajon Rondo. Der Point Guard der Celtics geigt in den Play-offs ordentlich auf, sein letztes Spiel war wohl das beste seiner jungen Karriere: 44 Punkte, zehn Assists und acht Rebounds. Die Marke 40-10-8 erreichten zuvor in den Play-offs nur fünf Spieler (Barkley 1993, Drexler 1992, Jerry West 1969, Oscar Robertson zweimal 1963). Und trotzdem ist gegen das stärkste Duo der Liga kein Kraut gewachsen. LeBron James ist der beste Spieler des Planeten und zeigt das auch Abend für Abend, Dwayne Wade hat eine Trefferquote von 55 Prozent und verwandelt die unmöglichsten Würfe, selbst wenn er hart gefoult wird. Die Heat feierten in Spiel zwei noch, obwohl sie bereits mit 15 Punkten hinten lagen, ein neuer Klubrekord in den Play-offs.

Die Celtics sind dagegen endgültig in die Jahre gekommen, werden ihr Team nach der Saison um den 26-Jährigen Rondo neu aufbauen müssen. Oldies wie Kevin Garnett und Ray Allen werden den Verein verlassen. Ein bitteres Ende vor allem für den Scharfschützen Allen, der 36-Jährige trifft gerade einmal 27 Prozent von der Dreierlinie, scort nur 9,9 Punkte im Schnitt. Seine Knöchelschmerzen nehmen ihm alle Stärken eines Spiels, er kommt abseits des Balles kaum mehr frei für einen schnellen Jumpshot. Ihm fehlen auch zwei gute Reifen, um den unnachgiebigen Dwayne Wade im Zaum zu halten.

Beängstigend gut

Boston wird in den ausstehenden Spielen auch mit einer Ball-Raum-Verteidigung keine Wunder erwarten dürfen. Miami traf über die Saison gesehen über 48 Prozent ihrer Würfe (112 von 232) gegen eine Zonen-Defense, das ist die drittbeste Quote der Liga, hinter Sacramento und Orlando. Mit Mario Chalmers, Shane Battier (auch wenn der im Moment schwächelt), Mike Miller und sogar Bankwärmer James Jones, warten zuverlässige Schützen auf die Pässe der Superstars.

Wirklich zum Fürchten ist aber wohl, dass LeBron James sein Offensiv-Potenzial noch immer nicht voll ausgeschöpft hat. "The King" spielt in den Play-offs seit dem Ausfall von Center Chris Bosh fast ausschließlich auf der Position des Power Forward, wo er seine Bewegungen abseits des Balles perfektioniert hat. Beispielhaft dafür ist Video Nummer zwei: Während Dwyane Wade mit dem Ball Chancen kreiert und die gesamte Defense auf sich konzentriert, schneidet James zum Korb und bekommt die Kugel frei serviert. Bei seinen scharfen Cuts ist James fast nur mit Fouls zu stoppen.
Letztes Jahr konnten die Dallas Mavericks James und Wade vom Korb einigermaßen weghalten und so den Grundstein zum Titelgewinn legen. Heuer ist Miami besser gewappnet. Und wenn der Motor der Heat weiter so brummt, dann könnten das die spannendsten NBA-Finals seit langer Zeit werden. (Florian Vetter, derStandard.at, 1.6.2012)

Ergebnis vom NBA-Halbfinale am Donnerstag (Finale Western Conference, best of seven), 3. Spiel: Oklahoma City Thunder - San Antonio Spurs 102:82. Stand in der Serie: 1:2