Rangun - Burmas oberster Medienaufseher Tint Swe will die Zensur in dem südostasiatischen Land in wenigen Wochen abschaffen. "Es wird ab Ende Juni keine Überwachung der Presse und keine Kontrolle von Zeitungen oder Zeitschriften mehr geben", sagte er in einem Gespräch mit der französischen Nachrichtenagentur AFP. Seine Behörde werde zwar weiterbestehen, jedoch lediglich zur Registrierung neuer Titel und zu Archivierungszwecken. "Wenn das Parlament und die Regierung demokratisch arbeiten, wie könnte es dann weiterhin eine Zensur geben?", fragte Tint Swe.

Der frühere Militärangehörige leitet die burmesische Zensurbehörde in Rangun seit rund sieben Jahren. "Er hatte eine der schlimmsten Aufgaben in Burma", sagte ein Vertreter einer in der Metropole erscheinenden Wochenzeitung. "Minister, Beamte und Geschäftsleute drängten ihn zur Unterdrückung der Medien, und die Journalisten wirkten entgegengesetzt auf ihn ein", fügte er hinzu.

Positive Entwicklung

Nachdem Burma jahrzehntelang von einer Militärdiktatur beherrscht worden war, ist seit rund einem Jahr eine formal zivile Regierung unter Präsident Thein Sein, einem Ex-General und früheren Junta-Premier, im Amt. Die USA hatten zunächst erklärt, die nach außen hin zivile Regierung würde nichts am Charakter der Diktatur ändern. Als positive Entwicklung wird gesehen, dass die zwangsaufgelöste Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi die Möglichkeit erhalten hat, sich neu zu konstituieren und bei Nachwahlen zu kandidieren.

"Der politische Kontext und die Menschen sind nun freier, und wir bei der Zensur hatten alle Mühe, uns anzupassen", gab Tint Swe im Gespräch mit AFP zu. Die Zeit seit dem Beginn der Öffnung Burmas bezeichnete er als "sensibel". Im März hatte es ein Gericht abgelehnt, eine Zeitung nach einem Bericht über Korruption in der Regierung zur Nennung von Informanten zu verpflichten.

Pressefreiheit sichern

Seit Monaten wird in Burma an einem neuen Mediengesetz gearbeitet, das die Pressefreiheit sichern soll. Es könnte im Juli verabschiedet werden und sieht auch einen sogenannten Medienrat vor. Zu Gerüchten, dieses Gremium könne eine neue Zensurstelle sein, sagte Tint Swe: "Das ist falsch." Der Rat solle vielmehr als "Vermittler" zwischen der Medienbranche und der Regierung fungieren.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte die burmesische Führung vor ungenügenden Reformen gewarnt. Sie verwies insbesondere auf das Schicksal von Oppositionellen, die immer noch in Haft sitzen, und erklärte, die USA könnten die Sanktionen gegen den südostasiatischen Staat jederzeit wieder verschärfen, wenn sich die Lage verschlechtern sollte. Aung San Suu Kyi hatte ihrerseits erklärt, die Öffnungspolitik von Präsident Thein Sein sei nicht "irreversibel". (APA, 1.6.2012)