Wien - Der Fall der 36-jährigen Karina De Oca aus Uruguay, die seit 35 Jahren in Österreich lebt, wegen ihrer Behinderung aber aus gesetzlichen Gründen nicht eingebürgert werden kann (DER STANDARD berichtete), hat am Freitag für Diskussionen gesorgt. Die Frau bezieht die Mindestsicherung, diese gilt aber nicht als anrechenbares Einkommen. Ihr Lebensunterhalt gilt somit als nicht hinreichend gesichert, was eine Einbürgerung ausschließt. Grüne und "SOS Mitmensch" kritisierten diese Regelung, ÖVP und SPÖ zeigten sich für eine Gesetzesänderung gesprächsbereit.

Medienberichten zufolge kam die Frau im Alter von einem Jahr gemeinsam mit ihren Geschwistern und Eltern nach Wien, weil die Familie vor der regierenden Militärjunta fliehen musste. Seither lebt De Oca in Österreich, besuchte hier Volks- und Hauptschule. Eine Einbürgerung bevor sie 18 Jahre alt wurde, lehnte ihr leiblicher Vater ab.

Nun ist es gesetzlich nicht mehr möglich: Aufgrund ihrer psychischen Probleme gilt die 36-Jährige nämlich als behindert und kann keiner geregelten Arbeit nachgehen - und hat daher kein gesichertes Einkommen. Der früher geltende Passus, wonach im Fall einer unverschuldeten finanziellen Notlage eine Einbürgerung möglich ist, wurde 2006 gestrichen.

Ministerium gesprächsbereit

Das Innenministerium bestätigte den Fall und verwies auf die Gesetzeslage: Solange sich diese nicht ändere, könne man der Frau nicht helfen. Man zeigte sich aber gesprächsbereit, das Gesetz zu reparieren: "Wir diskutieren das", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck auf Anfrage. Verhandlungen mit den Ländern seien am Laufen, um eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten. Einen Zeithorizont wollte der Sprecher nicht nennen.

Die SPÖ verwies darauf, dass man bereits im Vorjahr angeregt habe, das Staatsbürgerschaftsgesetz in dieser Hinsicht zu ändern, nachdem der Verfassungsgerichtshof Teile davon aufgehoben hatte. Wichtig sei ihr, dass der Ermessensspielraum bei der Selbsterhaltung ausgeweitet werde, damit "Menschen mit Behinderung nicht von dieser Möglichkeit ausgeschlossen werden", so Behindertensprecherin Ulrike Königsberger-Ludwig. Sie hoffte auf einen Fünf-Parteien-Antrag, um eine "menschliche Lösung" für diese "Härtefälle" zu finden.

Initiativantrag im Parlament

Die Grünen, seit jeher Kritiker der Gesetzesnovelle von 2006, haben bereits 2009 im Parlament einen Initiativantrag eingebracht, der den alten Zustand wiederherstellen sollte. Der Antrag wurde im Innenausschuss noch im November desselben Jahres "vertagt", so Integrationssprecherin Alev Korun zur APA. So die Regierung tatsächlich gewillt sei, das Gesetz zu ändern, erwartet sie, dass der Antrag bei der nächsten Sitzung am 28. Juni wieder auf die Tagesordnung genommen werde.

Kritik an den "restriktiven Staatsbürgerschaftsgesetzen" übte "SOS Mitmensch": "Es darf in einem Rechtsstaat nicht sein, dass Menschen, bei denen nicht der geringste Zweifel besteht, dass sie Bürger dieses Landes sind, die Staatsbürgerschaft vorenthalten oder gar aberkannt wird", betonte Sprecher Alexander Pollak. Eine umgehende Gesetzesreparatur sei notwendig. Nach derzeitiger Gesetzeslage dürfe erst nach zehn Jahren ein Staatsbürgerschaftsantrag gestellt werden, der aber an - für 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung - unerfüllbare Bedingungen geknüpft sei. Gefordert werde ein Antragsrecht nach drei Jahren Aufenthalt, nach spätestens zwölf Jahren sollte es nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation "bedingungslosen Rechtsanspruch auf einen österreichischen Pass geben". (APA)