Wien - Dass ein Prozess mit elf geladenen Zeugen nach dem ersten schon wieder vorbei ist, kommt im Wiener Landesgericht nicht jeden Tag vor - vor allem, wenn die Angeklagte die Tat leugnet.

Am Freitag konnte man das erleben. Die 46-jährige Jeanette P. muss vor Richterin Martina Krainz, die Anklage lautet auf "Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten", der mögliche Strafrahmen dafür beträgt bis zu drei Jahren.

Übertragung könne man ausschließen

P. weiß seit 1999, dass sie HIV-positiv ist, seit zehn Jahren ist sie in medikamentöser Behandlung. Mit mehreren Partnern hatte sie ungeschützten Geschlechtsverkehr. Nur: "Erstens wussten das alle, und zweitens war ich der Meinung, dass ich nicht mehr infektiös bin, da durch die Therapie die Virenbelastung unter die Nachweisgrenze gesunken ist."

Eine Meinung, die der erste Zeuge, ihr Arzt, bestätigt. Mit ihren Werten könne man "aus menschenmöglicher Sicht eine Übertragung ausschließen". Freispruch, nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 2./3.6.2012)