Wien - Nur auf den ersten Blick erscheint das jüngste schwarze Offert zur Wehrpflicht wie ein Friedensangebot an die Roten im koalitionären Dauerstreit: In der sonntägigen ORF-"Pressestunde" erklärte ÖVP-Obmann Michael Spindelegger, dass er sich nun eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht vorstellen könne - allerdings nur über den Weg, wie es das neue ÖVP-Modell für mehr direkte Demokratie vorsieht.

Bedeutet: Die SPÖ, die den Präsenzdienst abschaffen und darüber eine Volksbefragung abhalten will, müsste dem Demokratiepaket der ÖVP zustimmen. Konkret sieht das bürgerliche Prozedere vor, dass ein Volksbegehren mit mehr als 650.000 Unterstützungserklärungen zu einer Volksabstimmung führt, deren Ergebnis bindend wäre.

Das Ergebnis einer Volksbefragung wäre dies nicht. Und eine Hürde wie das Sammeln von Unterstützungsunterschriften gäbe es auch nicht.

Parallel dazu bewarb am Sonntag im "Kurier" auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die Vorgansgsweise à la ÖVP: "Dann gibt es für uns auch ein klares Ja zur Abstimmung über die Wehrpflicht."

Spindelegger legte zu alledem noch nach: Er, Spindelegger, sei derzeit " in ganz Österreich" unterwegs, aber dass die Wehrpflicht den Bürgern so ein Anliegen sei, habe er nicht feststellen können.

Im Büro von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sieht man das fragwürdige Offert jedenfalls positiv. Sprecher Stefan Hirsch: "Wir begrüßen den Schwenk der ÖVP in Richtung Einbindung der Bevölkerung. Jetzt müssten sie nur noch den letzten Schritt wagen und für eine Volksbefragung ohne zusätzliche Hürden eintreten. Davor sollte man sich nicht fürchten. Am besten wäre es, die bestehenden Instrumente in der Wehrpflicht-Frage anzuwenden." Also alles wie gehabt. (nw, DER STANDARD, 1.7.2012)