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Ben Bernankes Entscheidung wird mit Spannung erwartet.

foto: ap/richard drew

Frankfurt/Washington/Wien - Die Eurozone ist auf dem besten Weg in die Rezession, die USA werden 2012 kaum noch wachsen: Trotz dieser miesen Aussichten verzichtet die US-Notenbank Fed vorerst auf neue Konjunkturspritzen. Das teilte die Federal Reserve am Mittwochabend nach der Sitzung des Offenmarktausschusses in Washington mit. Zugleich betonte die Notenbank, sie werde bei Bedarf zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um der Wirtschaft mehr Schwung zu verleihen.

Die Fed bestätigte zugleich den derzeitigen Leitzinssatz mit einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent. Bereits 2011 hatte sie angekündigt, dass der Zins bis Ende 2014 auf niedrigem Niveau gehalten werden solle. Auch die Konjunkturmaßnahme "Operation Twist" wird wie angekündigt bis zum Jahresende fortgesetzt. Dabei werden kurzfristig fällige Anleihen aus dem Bestand der Zentralbank gegen langlaufende Papiere getauscht. Das soll Zinsen etwa für Unternehmenskredite und Immobiliendarlehen drücken.

Die Finanzmärkte hatten seit Wochen gerätselt, ob die Notenbank ein neues Anleihekaufprogramm starten könnte. Das schwache Wachstum des Bruttoinlandsproduktes der USA von hochgerechnet 1,5 Prozent im zweiten Quartal hatte diese Spekulation genährt.

Dabei haben die Zentralbanken seit 2008 bereits eine Menge getan, um die Konjunktur anzukurbeln. Daten der Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), sie gilt als Zentralbank der Zentralbanken, zeigen, dass die Bilanzsumme der Notenbanken in der Krise bereits auf knapp 18.000 Milliarden Dollar gestiegen ist (siehe Grafik). Gemessen an den weltweiten Vermögenswerten, die von der Beratungsfirma McKinsey in einer Studie zusammengetragen werden, halten die Zentralbanken über 8,5 Prozent der weltweit ausstehenden Wertpapiere und Kredite.

Die BIZ-Ökonomen warnen daher, dass die Zentralbanken bereits überfordert seien: "Es gibt Grenzen, was die Geldpolitik leisten kann." Die Preisstabilität könnte ansonsten gefährdet sein. Ansgar Belke, Ökonom am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, glaubt zudem nicht, dass die Geldpolitik noch große ökonomische Wirkung entfalten kann: "Ein japanisches Szenario ist nicht auszuschließen."

Japan, das ist das bedrohliche Szenario für jeden Zentralbanker. Die Bank of Japan hat nach dem Platzen der Immobilienblase 1990 Zinsen gesenkt, Staatsanleihen gekauft und ihre Bilanzsumme massiv ausgeweitet. Doch das Wachstum konnte sie nicht ankurbeln. Zu sehr waren die Unternehmen und Haushalte damit beschäftigt, sich von den Fehlinvestitionen der Immobilienblase zu erholen, argumentiert Richard Koo, Ökonom von Nomura.

Augen auf die EZB gerichtet

Dazu warnt Stanford-Ökonom Nicholas Bloom, dass die hohe US-Verschuldung, die politische Unsicherheit und die Krise in Europa die Volkswirtschaften belastet. "Investitionen und der Konsum werden von diesem Unsicherheitsschock beeinträchtigt."

Das könnte vielleicht die Europäische Zentralbank (EZB) ändern. Die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, "alles Nötige" zu tun, um die Krise zu lösen, hat Begehrlichkeiten geweckt. Die Volkswirte von Banken rechnen schon damit, dass die Europäische Zentralbank heute, Donnerstag, ankündigt, Staatsanleihen von Spanien und Italien aufzukaufen. Damit würde sie die Zinsen für die Länder senken. Laurence Boone, Ökonom der Bank of America: "Die Märkte erwarten eine Bazooka von der EZB, in Form von Anleihenkäufen." Die deutsche Bundesbank kritisiert allerdings, dass die Notenbank damit vor den Karren der Finanzminister gespannt wird. Sie spricht sich gegen unbegrenzte Anleihenkäufe aus.

Neben den Anleihenkäufen wird derzeit in der Eurozone auch darüber diskutiert, dem Eurorettungsschirm ESM eine Bankenlizenz zu erteilen, um ihr damit die Kreditaufnahme bei der EZB zu ermöglichen. Diese - von Deutschland ebenfalls abgelehnte Option - müsste allerdings nicht von den Euroländern abgesegnet werden. Italiens Premier Mario Monti erneuerte am Mittwoch seine Forderung nach einer Banklizenz für den ESM. "Ich denke, dass dies helfen und zu gegebener Zeit kommen wird", sagte Monti bei einem Besuch in Finnland. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 2.8.2012)