Inge Duftner mag den Begriff "Headhunting" nicht so gerne, "Systemische Direktansprache" komme der Vorgehensweise näher.

Foto: Duftner&Partner

derStandard.at: Frau Duftner, wann kommt Headhunting zum Einsatz? 

Duftner: Headhunting ist eine Methode wie viele andere auch, die meisten Personalberater bieten sie an. Ich persönlich bevorzuge statt "Headhunting" den Ausdruck "Systemische Direktansprache", dieser Begriff kommt der tatsächlichen Arbeit näher. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist der Arbeitsmarkt manchmal angespannt und es gibt viel Nachfrage. Zum anderen geht es um Fachkräfte, von denen es sehr wenige gibt - etwa Personen in der Hochtechnologiebranche oder im Vertrieb. Brancheninsider, die den Markt und die Kunden in einem bestimmten Segment kennen, sind sehr schwer zu finden. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Systemische Direktansprache immer mehr wird. 

derStandard.at: Hat sich in der Vergangenheit diesbezüglich etwas geändert?

Duftner: Tatsächlich haben wir heute neben der Suche nach Spitzenkräften auch sehr viele Direktansprache-Aufträge für mittlere Stellen. Dabei geht es um Fachthemen, wo Arbeitskräfte schwierig zu finden sind. Manchmal betrifft es auch Bereiche, bei denen man es nicht unbedingt vermuten würde, wie etwa Buchhaltung oder Lohnverrechnung. 

derStandard.at: Ihre Firma Duftner und Partner in Innsbruck übernimmt selbst Headhunting-Aufträge. Wie gehen Sie dabei vor? 

Duftner: Bevor ich mit der Suche beginnen kann, muss mein Auftraggeber das Anforderungsprofil für den gewünschten Mitarbeiter ganz genau formulieren. Da geht es um eine exakte Vorstellung der Person, also Ausbildung, Erfahrung und Branchenkenntnisse.

derStandard.at: Und danach? 

Duftner: Wenn ich genau weiß, wonach ich suche, spreche ich ganz fokussiert Personen an. Das bedeutet, ich fische möglichst wenig im Trüben und verursache möglichst wenig Unruhe in der Branche. Die Kontaktaufnahme funktioniert dann möglichst diskret über Handy oder Social Media-Anwendungen wie Xing oder Linkedin. Manchmal wird man auch bei diversen Alumni-Clubs fündig. Die Betroffenen frage ich dann einfach, ob sie an einer beruflichen Veränderung interessiert sind. Ein Tabu ist für mich allerdings, in der Firma eines meiner Kunden zu rekrutieren, weil ich von einem anderen Kunden den Auftrag dazu bekommen habe - das machen wir nicht. 

derStandard.at: Wünschen Ihre Auftraggeber gemeinhin die Abwerbung einer konkreten Person oder geben sie lediglich ein Anforderungsprofil?

Duftner: Das ist unterschiedlich. Manchmal bekommen wir konkrete Namen und fühlen indirekt einmal bei der betreffenden Person vor. Das geschieht, wenn sich der Kunde selbst noch nicht aus der Deckung wagen will. In anderen Fällen gibt es bei Inseraten nicht genug Rücklauf. Dann arbeiten wir mit einem Anforderungsprofil bei der Direktansprache. Wie auch immer, Direktansprachen nehmen in jedem Fall deutlich mehr Zeit in Anspruch als die Rekrutierung einer Arbeitskraft mittels Jobanzeige.

derStandard.at: Warum übernehmen die Firmen nicht selbst die Direktansprache?

Duftner: Dazu braucht man ein spezielles Wissen und sehr viel Fingerspitzengefühl. Das ist unser Job. 

derStandard.at: Sie organisieren neben Headhunting auch etwa Weiterbildungen und übernehmen Personalberatung. Wie groß ist der Anteil von Headhunting an Ihrer Arbeit?

Duftner: Es ist das Sahnehäubchen. Unsere Mitarbeiter übernehmen diese Arbeit gerne, allerdings kommt es nicht besonders häufig vor. Ich würde sagen, ein Fünftel des Arbeitsaufwands unserer Firma besteht im Headhunting für unsere Kunden. Direktansprache kostet unseren Kunden auch mehr als herkömmliche Methoden der Personalrekrutierung. Es ist ja auch um einiges aufwendiger. 

derStandard.at: Können Arbeitswillige auch auf sich aufmerksam machen? Oder müssen sie darauf warten, von Headhuntern entdeckt zu werden?

Duftner: Gerade heutzutage, mit den Möglichkeiten des Internets, ist es viel einfacher geworden, für sich zu werben. Immer mehr Menschen nutzen das auch und verschicken ihr Profil an Personalberater. Wenn es dann eine Stelle zu besetzen gilt, schauen die Headhunter durchaus in diese Pools hinein. Es ist also äußerst sinnvoll, auf sich aufmerksam zu machen - gerade, wenn man Experte in einem Gebiet ist. (Nina Brnada, derStandard.at, 1.10.2012)