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Martin Kaymer zeigt die Trophäe, die Golfprofis keinen Cent einbringt und also unbezahlbar ist. Graeme McDowell (links) stützt den Deutschen, Justin Rose hält das Erste von vielen.

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Martin Kaymer jubelt über den Sieg Europas.

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Der europäische Teamkapitän Jose Maria Olazabal herzt Lee Westwood.

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Medinah - Die Kleidung, in der Kapitän Jose Maria Olazabal und seine zwölf Auserwählten zum Schlusstag des 39. Ryder Cup in Medinah, Illinois, antraten, war gleichsam Programm. In weißen Shirts und blauen Hosen, jenem Outfit, in dem der legendäre, im Mai vergangenen Jahres an Krebs verstorbene Spanier Severiano "Seve" Ballesteros seine Schlussrunden zu absolvieren pflegte, sollte noch ein Wunder gelingen - mit San Seves Beistand quasi.

Denn die vor zwei Jahren in Wales wiedererrungene, prestigereichste Golf-Trophäe war nach den ersten beiden Tagen eigentlich schon verloren gewesen. Mit 10:6 Punkten führten die Gastgeber aus den USA vor den letzten zwölf Einzelduellen, für deren Mehrzahl sie schon vor Anheben des Vergleichskampfes, vor allem aber angesichts der Leistungen am Freitag und Samstag, deutlich favorisiert worden waren. Dann musste aber die Mannschaft von David Love III. vor 45.000 Zusehern im Medinah Country Club plötzlich Nackenschlag auf Nackenschlag hinnehmen.

Der Engländer Luke Donald und Ian Poulter, der nordirische Weltranglistenerste Rory McIlroy, der Engländer Justin Rose und der Schotte Paul Lawrie drehten mit fünf Siegen en suite das Score auf 11: 10. Der Spanier Sergio Garcia und der Engländer Lee Westwood hielten Europa im Rennen, ehe der Deutsche Martin Kaymer gegen Steve Stricker für den entscheidenden 14. Punkt sorgte.

Ausgerechnet Kaymer, der nach einer insgesamt schwachen Saison und einer Niederlage an der Seite von Rose im Fourball von Kapitän Olazabal am Samstag sicherheitshalber nicht eingesetzt worden war. "Das ist ein Gefühl, wie ich es noch nie in meinem Leben hatte. Jetzt weiß ich wirklich, was für ein Gefühl es ist, den Ryder Cup zu gewinnen. Es ist das Größte", sagte der 27-jährige Rheinländer nach dem Coup, der das US-Team und dessen Fans in tiefe Verzweiflung stürzte. "Ich kann gar nichts sagen. Wir sind alle fassungslos. Es ist wie ein Schock", sagte Kapitän Love III., nachdem ein unkonzentrierter Tiger Woods im letzten, allerdings schon bedeutungslosen Duell gegen den Italiener Francesco Molinari noch jenen halben Punkt verschenkte, der den Triumph der Europäer komplettierte.

Der flugs als "Wunder von Medinah" subsumierte Spielverlauf erinnerte an das als "War by the Shore" in die Annalen eingegangene Duell um den 29. Ryder Cup 1991 im Kiawah Island Resort, South Carolina. Damals hätte der Deutsche Bernhard Langer Europa im vorletzten Spiel auf die Siegerstraße bringen können, scheiterte aber mit seinem letzten Putt.

Keine Wahl für Kaymer

Der mittlerweile 55-jährige Langer war es auch, der Kaymer am Samstag nochmals die Bedeutung des Ryder Cups vor Augen geführt hatte. "Meine Einstellung war nicht sehr gut", gestand der legitime Erbe des ersten deutschen US-Masters-Siegers. Als er das letzte Grün gelesen habe, sei er in Gedanken bei Langer gewesen, sagte Kaymer. "Wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht mehr, wie der Ball dann gefallen ist. Ich war so nervös, aber ich hatte nur diese eine Wahl, er musste fallen." Zumal Kapitän Olazabal Kaymer zusätzlich unter Druck gesetzt hatte. "Er meinte, dass wir meinen Punkt zum Sieg benötigen. Und ich konnte meine Teamkameraden, die bis dahin so unermüdlich gekämpft hatten, einfach nicht enttäuschen."

Olazabal (46), der mit seinem Landsmann "Seve" Ballesteros einst das erfolgreichste Doppel im Ryder Cup gebildet hatte, konnte vor Rührung über den Erfolg des Teams kaum sprechen. Also fasste der Nordire Graeme McDowell die Gefühle der Mannschaft und ihres in Tränen aufgelösten Kapitäns zusammen: "Wenn Seve das Drehbuch für diesen Ryder Cup hätte schreiben können, dann, glaube ich, hätte er es genau so geschrieben." (sid, red, DER STANDARD, 1.10.2012)