Berlin/Paris - Die Regierungen in Deutschland und Frankreich sind sich offenbar weitgehend einig in der Absicht, im geplanten Fusionsunternehmen von EADS und BAE Systems gleichrangig stark vertreten zu sein. Die beiden Konzernchefs Tom Enders und Ian King werben in einem gemeinsamen Gastkommentar in der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag eindringlich für die Fusion. Mit der nötigen Unterstützung der Politik könnte etwas geschaffen werden, das größer sei als die Summe seiner Teile, schrieben sie. Der Aktionärspakt zwischen den deutschen und französischen EADS-Anteilseignern, der ihnen gemeinsam die Kontrolle über den Konzern sichere, sollte aufgehoben werden. Unter Berufung auf Industriekreise hieß es in der Zeitung aber auch, die Unternehmen könnten schon am Mittwoch die Fusion absagen, sollte sich keine Einigung in den vielen Streitfragen abzeichnen.

Das Magazin "Der Spiegel" berichtete, Deutschland und Frankreich seien sich einig und verfolgten nun eine gemeinsame Strategie zu dem Fusionsprojekt. Beide Regierungen wollten danach mit je neun Prozent an dem fusionierten Unternehmen beteiligt sein. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es aber nicht. Nach Reuters-Informationen aus verhandlungsnahen Kreisen zeichnet sich in der Tat ein Erhalt der deutsch-französischen Machtbalance ab, wie er seit Jahren auch schon bei EADS besteht. Das genaue Modell dafür sei aber noch in der Diskussion. Käme es zu einer Beteiligung von jeweils neun Prozent für den deutschen und den französischen Staat an dem neuen Unternehmen, müsste die deutsche Regierung erst einmal 15 Prozent an EADS erwerben.

Großaktionär Lagardere sieht Tagwerk nicht getan

Unterdessen forderte der französische EADS-Aktionär Lagardere Nachbesserung an den Fusionsplänen. "Trotz des industriellen und strategischen Potenzials, das ihm zugeschrieben wird, hat dieser Plan noch nicht gezeigt, dass er Wert für EADS schafft", erklärte Lagardere. "Lagardere betrachtet die Fusionsbedingungen zwischen EADS und BAe derzeit als nicht zufriedenstellend." Das EADS-Management müsse daher den Interessen der Lagardere-Aktionäre besser Rechnung tragen. Die Kritik des Aktionärs bezieht sich offenbar auf das Wertverhältnis bei der Fusion von 60 zu 40 zugunsten von EADS. Das hält auch die deutsche Regierung auf den ersten Blick für nachteilig für den Luft- und Raumfahrtkonzern.

EADS-Chef Enders hat immer wieder deutlich gemacht, dass er den Staatseinfluss in seinem Unternehmen zurückdrängen möchte. Noch am vergangenen Mittwoch hatte er erklärt, Beispiele in seiner Branche zeigten, dass eine solcher staatlicher Einfluss nicht nötig sei. In dem gemeinsamen Gastkommentar mit BAe-Chef King schrieb er, es gehe um einen "ganz normalen Unternehmensbetrieb" bei dem alle Aktionäre, kleine wie große, die gleichen Rechte hätten. Das Fusionsprojekt verteidigten die beiden Manager mit der Darstellung, es gebe die Chance, "etwas noch Größeres und Besseres zu schaffen". Daher müsse man zugreifen. "Das logische Prinzip hinter dieser Transaktion ist Wachstum, nicht Verschlankung", schrieben sie. Das werde sich langfristig auch positiv auf die Beschäftigungslage und auf das Finanzergebnis auswirken. (APA, 1.10.2012)