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Trotz wichtiger Verbesserungen des Diskriminierungsschutzes bleiben viele Themen nur unzureichend behandelt, kritisieren Verbände den Entwurf zum neuen Gleichbehandlungsgesetz.

Foto: AP/THOMAS KIENZLE

Wien - Letzte Woche ist die Frist zur Begutachtung des neuen Gleichbehandlungsgesetzes zu Ende gegangen. Ziel der umfassenden Novelle, die noch heuer beschlossen werden soll, ist die Verbesserung des Diskriminierungsschutzes. Unter anderem ist vorgesehen, den Zeitrahmen, in dem sexuelle Belästigung bei Gericht eingebracht werden kann, von derzeit einem Jahr auf drei Jahre verlängern. Auch soll in Zukunft in Jobinseraten das Mindestentgelt verpflichtend angegeben werden.

WKO: "Rechte mehr als ausgereizt"

Nunmehr liegen die ersten Reaktionen zum Gesetzesentwurf des Sozialministeriums vor. Die Wirtschaftskammer (WKO) erklärte in ihrer Stellungnahme, dass die Rechte für ArbeitnehmerInnen im Gleichbehandlungsbereich "schon jetzt mehr als ausgereizt" seien. Zwar könne das neue Gesetz in den wesentlichen Punkten mitgetragen werden, enthalte aber auch problematische Bereiche. So dürfe etwa die Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission nicht zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer führen. Kritisch stehe man auch der verpflichtenden Angabe des Mindestentgelts in Stelleninseraten gegenüber, denn dies habe zu Mehrkosten für Unternehmen geführt.

Gleichbehandlungsanwaltschaft: Kritik an unterschiedlichen Schutzniveaus

Auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft erkennt wichtige Verbesserungen für Betroffene von Diskriminierung. Bedauerlich sei aber, dass neue Unterschiede in den Schutzniveaus zwischen den einzelnen Diskriminierungsmerkmalen geschaffen werden. Anders als in der Novelle angenommen, werde sich der Beratungsaufwand der Anwaltschaft aufgrund der neuen Aufgabenbereiche "mit Sicherheit erheblich erhöhen". Begrüßt wird das Vorhaben, durch kleinere Senate die Verfahren für AntragstellerInnen weniger belastend zu gestalten und gleichzeitig zu verkürzen.

ÖGB: Lob für Integration Eingetragener Partnerschaften

Der ÖGB erkennt im vorliegenden Entwurf viele begrüßenswerte Verbesserungen. Bemängelt wird allerdings, dass viele Themen des Gleichbehandlungsrechts und des Behindertengleichstellungsrechts "unzureichend oder zur Gänze unbehandelt" geblieben seien. Die Klarstellung, dass Diskriminierungsschutz auf das Merkmal Personenstand ausgedehnt wird, womit auch die eingetragenen Partnerschaften umfasst sind, wird hingegen sehr positiv gesehen. Mit dieser Änderung werde das Schutzniveau von Eingetragenen Partnerschaften an den Diskriminierungsschutz der Ehe angeglichen. 

Begrüßt wird vom Gewerkschaftsbund auch die Änderung bei der Verpflichtung zur Angabe des Mindestentgelts in Jobinseraten. Zur weiteren Verbesserung schlägt der ÖGB vor, dass das Gesetz auch zur Angabe des konkreten Kollektivvertrages oder des Gesetzes auf dessen Grundlage das Mindestentgelt beruht, verpflichtet. Wünschenswert sei auch eine Verbesserung bei den Einkommensberichten, da es den Berichten derzeit häufig an Aussagekraft fehle.

Grüne: "Vergebene Chance"

Kritik kommt auch von den Grünen: "Die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz ist leider eine vergebene Chance. Wieder einmal werden nur viele kleine Schrauben gedreht, aber der große Wurf bleibt aus", sagt Frauensprecherin Judith Schwentner. Auch sie bemängelt die Schwächen bei den Einkommensberichten: "Das Fehlen spürbarer Sanktionen im Falle der Nicht-Erstellung von Einkommensberichten und bei Unterlassung jeglicher Aktivität zur Beseitigung der Einkommensunterschiede schränkt die Wirksamkeit der Berichte ein." Schwentner fordert daher, in die Berichte auch Aktionspläne mit Maßnahmen zum Abbau der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu integrieren. Darüber hinaus fordert Schwentner, dass "diskriminierende Werbung im Gleichbehandlungsgesetz verankert werden muss."

Frauenring bemängelt fehlende Frauenförderung

Der Österreichische Frauenring begrüßt das Bestreben, all denjenigen, die "von rechtlich verpönter Diskriminierung" betroffen sind, auch im selben Ausmaß Rechtsschutz zukommen zu lassen. Positiv hervorzuheben sei, dass Alter, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung nicht länger vom Diskriminierungsverbot im Zugang zu Gütern und Dienstleistungen ausgeschlossen sind. Bedauerlich sei allerdings, dass die Novelle nicht für ein konsequentes "levelling up" genutzt werde, meinte der Österreichische Frauenring. Geht es nach dem Entwurf, unterscheide das Gleichbehandlungsrecht weiterhin zwischen privilegierten Diskriminierungsgründen und solchen, die im Hinblick auf Schutzbereich und/oder Schutzniveau benachteiligt bleiben. Der Frauenring merkte weiters an, dass der Entwurf die Frauenförderung nicht berücksichtige (dieStandard.at berichtete) und pocht auf Quoten als "unverzichtbare Instrumente".

Weitere Reaktionen

Behindertenanwalt Erwin Buchinger regt in seiner Stellungnahme die Schaffung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches sowie die Erweiterung der Verbandsklagemöglichkeiten an. Der Bund Österreichischer Frauenvereine hält die geplante Geldstrafe von 360 Euro für zu gering. (APA/red, 1.10.2012)