Der Juristentag erntet harsche Kritik für seine Beschlüsse.

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Überwachungsforderung: Juristentag erntet Kritik von CCC und Co
Verein hatte sich für Vorratsdatenspeicherung und den "Bundestrojaner" ausgesprochen

Der Deutsche Juristentag, ein Verein, der laut eigenen Angaben 7.000 Juristinnen und Juristen in seinen Reihen zählt, hat sich vor einer Woche auf seiner Mitgliederversammlung für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Auch die Einführung eines "Bundestrojaners" zum Ziele besserer Strafverfolgung wurde begrüßt.

"Datenhehlerei"

Derartige Spionagesoftware darf aktuell nur bei proklamierter Terrorgefahr vom Bundeskriminalamt verwendet werden. Der Juristentag ist dafür, sie auch im Bereich der Strafverfolgung – wenn auch unter strengen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen – einzusetzen, etwa für Online-Durchsuchungen. Dazu wurde ein eigener Straftatbestand namens "Datenhehlerei" vorgeschlagen, der für die Weitergabe sensibler Informationen gedacht ist und somit auch Whistleblower im Dienste von WikiLeaks und Co treffen könnte.

Kein "Recht auf Anonymität" im Web

Der Verein lehnt zudem das Recht auf "anonyme Internetzung" ab. Wer sich im Web betätigt, muss, wenn schon nicht über den Klarnamen, wenigstens über ein Pseudonym ausforschbar sein. Gleichzeitig ist man dagegen, existierende Überwachungstechnologien künftig vorsichtiger einzusetzen, wie es in einem Antrag eingebracht wurde.

Scharfe Kritik

Gegen diese Beschlüsse stellen sich nun der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, das Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen und der Chaos Computer Club. Sie fordern in einer Aussendung dazu auf, die "Bürgerrechte im Internet [zu] schützen", und nicht abzubauen. "Der Deutsche Juristentag fordert die Ausweitung heimlicher Überwachungsmaßnahmen, obwohl diese aus gutem Grunde von weiten Teilen der Öffentlichkeit als Eingriffe in die Kommunikationsfreiheit des Bürgers skeptisch betrachtet werden.", so der Wortlaut.

Bestehende Situation schon problematisch

Man übt darüber hinaus Kritik an der bestehenden Situation hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung. "Erst dieser Tage musste der Bundesdatenschutzbeauftragte erneut darauf hinweisen, dass Telekommunikationsunternehmen weiterhin in großem Umfang persönliche Daten von Kunden speicherten, die weit über das hinausgehen, was zur Abrechnung der Verbindungen erforderlich und zulässig wäre."

Man betont außerdem, dass es sich beim Juristentag um einen privaten Verein handelt und nur die Abteilung Strafrecht, also etwa 80 Personen, über die eingebrachten Vorschläge abgestimmt haben. (red, derStandard.at, 01.10.2012)