Wien - Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger möchte eine zumindest teilweise Privatisierung der ÖBB nach der nächsten Wahl zum Thema machen, da dies für den Koalitionspartner SPÖ derzeit undenkbar sei. Die ÖBB würden heuer sieben Milliarden Euro Zuschuss in Form von Direktzahlungen oder Haftungen der Republik erhalten, so viel wie kein anderes Unternehmen. Daher müsse man nachdenken, wie man Teile privatisieren kann, sagte Spindelegger am Montag.

Stronach soll einsteigen

Er habe im ORF-"Sommergespräch" Frank Stronach vorgeschlagen, die ÖBB oder einen Teil davon zu kaufen und zu sanieren. "Er steigt jetzt darauf ein, und genau das ist es, was ich erreichen wollte", sagte Spindelegger. Laut der Zeitung "Österreich" hat Stronach vor wenigen Tagen in einem Brief an Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) angeboten, Experten für die ÖBB-Sanierung zu engagieren.

Vorstellen kann sich Spindelegger den Verkauf des ÖBB-Güterverkehrs oder einzelner Strecken im Personenverkehr. Die Pinzgau-Bahn in Salzburg sei bereits von der E-Wirtschaft übernommen worden, "und das läuft, so unmöglich ist das ja alles nicht", sagte der ÖVP-Chef. 

SPÖ-Absage

Die SPÖ erteilt den Privatisierungsüberlegungen von ÖVP-Chef Michael Spindelegger für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) erneut eine Absage. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter fordert in einer Aussendung, "die mittlerweile erfolgreich geführte ÖBB in Ruhe ihre wichtige verkehrspolitische und volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen zu lassen. Zurufe, die die Belegschaft und die Kunden verunsichern, sind absolut kontraproduktiv und wirtschaftspolitisch unsinnig".

Abschließend empfiehlt Kräuter allen Privatisierungszurufern sich mit "ausländischen Negativbeispielen" von Bahnprivatisierungen zu beschäftigen. Dabei sei regelmäßig ein Kosten-, Sicherheits- und Angebotsdesaster zu beobachten.

Das Verkehrsministerium veröffentlichte eine "Richtigstellung" der Spindelegger-Aussagen zur ÖBB. Die Bundesaufwendungen des Verkehrsministeriums für Leistungen der ÖBB betragen im Jahr 2012 demnach 2,2 Mrd. Euro, zusammengesetzt aus den Mitteln für die Erhaltung und Ausbau der Infrastruktur (1,583 Mrd. Euro) und den Leistungsbestellungen im Nah- und Güterverkehr, den Gemeinwirtschaftliche Leistungen (669 Mio. Euro).

Weiters werden heuer vom Finanzministerium rund 1,977 Mrd. Euro für Pensionszahlungen an ehemalige ÖBB-Mitarbeiter aufgewendet - so wie das Finanzministerium auch für andere Beamtenpensionen die Differenz zwischen laufender Beitragsleistung und Pensionsauszahlungen trage.

Außerdem sei die Pinzgau Bahn in Salzburg nicht an die Landesgesellschaft des Landes Salzburg verkauft worden, sondern inklusive Bundesinvestitionsförderungen an das Land übertragen (Verländerung). Dies sei auch mit Bahnstrecken in Niederösterreich geschehen und werde derzeit mit dem Land Oberösterreich verhandelt. (APA, 1.10.2012)