Hier wohnen Dirndlsammlung und Modelleisenbahn: Self-Storage-Lagerraum von Myplace in prominenter Lage am Gaudenzdorfer Gürtel in Wien.

Foto: Myplace

Einlagern? Auslagern! Abteile gibt es von einem bis 100 Quadratmeter.

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Knallrot in die Kurve gelegt hat sich die weithin sichtbare Blechbox am Gaudenzdorfer Gürtel in Wien. Riesengroß, doch niemand wohnt hier, und nur eine Handvoll Menschen arbeitet hier. Wie die Aufschrift laut verkündet: eine der Filialen von Self-Storage, dem Lagerraum für Dinge, die zu Hause keinen Platz haben. Der Mensch sammelt immer mehr Besitz, der unter allen wechselnden Umständen durchs Leben mitgeschleppt wird. Der Wohnsitz wird mal groß, mal klein, also braucht der Besitz seinen eigenen Wohnraum.

20 Standorte in Österreich

In den USA gibt es die privaten Lagerräume mit ihren schlichten Trapezblechabteilen in Größen von ein bis 100 Quadratmetern schon seit den 50er-Jahren, erst seit kurzem haben sie auch hierzulande Fuß gefasst. Dabei scheint das Konzept für Investoren verlockend: Der Aufwand ist minimal, die Errichtung billig, die Rendite hoch, und die einzigen Mieter sind Kartons und Kisten.

"Der angelsächsische Dienstleistungsgedanke ist in Deutschland und Österreich eben nur schwach ausgeprägt", erklärt sich Martin Gerhardus, Geschäftsführer des 1998 gegründeten Myplace, des Self-Storage-Marktführers in Österreich und Deutschland, den späten Trend. Am Anfang, sagt Gerhardus, habe es noch geheißen: "Das braucht eh keiner", inzwischen hält die Marktentwicklung im deutschsprachigen Raum bei fünf bis 15 Prozent, etwa 110 Standorte gibt es bereits, davon 20 in Österreich. Klingt nach lohnender Investition, ist es auch, allerdings benötigt man, sagt Gerhardus, Durchhaltevermögen. "Der Start war sehr schwer. Normalerweise hat man bei Gewerbeimmobilien einen Ankermieter, aber bei Self-Storage ist am Tag eins der Ertrag gleich null." Heute hat Myplace zehn Standorte in Österreich, acht davon in Wien.

Mehrzahl Privatkunden

Auch der Mitbewerber, Mike's Box, ist mit seinen zwei Filialen mittlerweile im grünen Bereich. "Wir wollten binnen dreier Jahre den Break-even mit 50 Prozent Auslastung erreichen, das haben wir geschafft", freut sich CEO und Box-Namensgeber Michael Seiller-Tarbuk. Eine Auslastung von 80 bis 85 Prozent gilt als langfristiges Ziel. Unter jenen, die inzwischen den Weg vom Einlagern zum Auslagern gefunden haben, stellen die Privatkunden mit rund 70 Prozent die Mehrheit. Rund die Hälfte sind langfristige Mieter, die durchschnittliche Mietdauer beträgt laut Myplace 14 Monate.

Die Bandbreite reicht vom Drei-Monats-Mieter bis zu ins Ausland Übersiedelten und Nachbarn mit Wohnungen ohne Keller. Neben Hausrat und Tauchausrüstung findet sich in den Abteilen alles von der Bibliothek bis zur Dirndlsammlung und dem ÖBBler, der vorbeischaut, um in Ruhe mit seiner komplett aufgebauten Modelleisenbahnanlage zu spielen. Selbst Obdachlose stellen ihre Winterausrüstung hier unter - selbstverständlich versichert.

Nichts für die grüne Wiese

Während Privatkunden ihren Lagerraum in der Stadt bevorzugen, suchen die gewerblichen Mieter eher die peripheren Standorte auf. Bei Mike's Box erwarb man ein ehemaliges Postlager in Floridsdorf, das zum Self-Storage umgebaut wurde. Weinhändler, Pharmavertreter und Computerhändler deponieren hier ihre Ware. "Hier kann man sogar mit dem Auto zum Abteil zufahren, das ist natürlich ein Asset für Gewerbekunden", sagt Seiller-Tarbuk. Die Mietkosten am Stadtrand liegen noch dazu unter jenen der zentralen Filialen.

Die Mehrheit der Lagerstandorte findet sich in Mischgebieten und an Ausfallstraßen. Sichtbarkeit und Erreichbarkeit in nicht mehr als 15 Minuten sind elementar, das Gewerbegebiet auf der grünen Wiese kommt somit nicht infrage, Kleinstädte erst recht nicht. "Die Mindestgröße der Stadt liegt bei rund 200.000 Einwohner, mit 500.000 im Ballungsraum", sagt Gerhardus. Myplace betreibt neben Wien noch je eine Filiale in Linz und Graz, in Deutschland ist man ebenfalls nur in den Metropolregionen vertreten.

Umgebaut oder maßgefertigt

Solche Standorte benötigen dann auch mehr Zuwendung als die Lagerhallen im Niemandsland, die gelegentlich von Speditionen vermietet werden. Während Mike's Box bestehende Immobilien zu Lagern umbaute, ist bei Myplace jeder Self-Storage-Bau neu, maßgefertigt und steht auf Eigengrund. Für die Anpassung ans Stadtbild arbeitet man mit Architekten vor Ort zusammen, die die lokalen Bauvorschriften kennen.

In Wien ist man darüber weniger glücklich. "Aufgrund der Anforderungen an die Fassade in einem Wohnumfeld sind Lagerhäuser dort nur schwer ins Stadtbild zu integrieren", heißt es bei der MA 19. Die Wiener werden sich wohl daran gewöhnen müssen: Bei Myplace plant man bis zu zwei neue Standorte pro Jahr. (Maik Novotny, DER STANDARD, 29./30.9.2012)