Halte meinen Bildschirm sauber.

Foto: PhotoDisc

Pro: Nur nichts versäumen
Von Sigi Lützow

Zu den Segnungen moderner Büros zählt die Möglichkeit, Verdauungsgeräuschen und -gerüchen, die eine große Schar von auf engstem Raum sich kuschelnder Menschen von sich gibt, auf den Grund gehen zu können. Öffnet zum Beispiel ein unweit Sitzender das aus dem Urlaub mitgebrachte Döschen mit Hakarl, also mit dem fermentierten Fleisch des Grönlandhais, ist der Gedanke an die unausbleiblichen Winde fast schon ein tröstlicher. Ähnlich verhält es sich mit aus dem Thermogeschirr genossenem Kohl, aber auch ein Döner mit viel leckerem Zwiebel kann, nüchternen Magens gerochen, einiges.

Die in Menschenbatterien üblichen Umluftanlagen sorgen dafür, dass die Geruchssinfonie bis in den letzten Winkel wabert. Die Übersichtlichkeit des Großraumes sorgt, gepaart mit der wirtschaftlichen Lage, wiederum dafür, dass man besser nicht auf ein Kaffeetschi mit Zigaretterl geht. Wer die Lure aus dem Stockwerksautomaten am Platz genießt, läuft nicht Gefahr, versäumt nichts Spannendes und bleibt dank des Rauchverbots sogar gesünder.

Kontra: Mein Compi bleibt sauber
Von Christian Schachinger

Das ist heute kein schönes Thema. Aber es wurde dazu zu lange von zu vielen Leuten geschwiegen. Weißt du, was ich meine? Das nächste Lied geht hinaus an alle, die schon einmal in der Früh ins Büro gekommen sind, und ihr Platz war versaut mit braunen Schlieren, mit gebrauchten Tassen und dem Geruch von kaltem Kaffee. Dies ist ein trauriges Lied. Es heißt "Mein Compi bleibt sauber, mein Freund". Und es geht so: Von Kollegen, die vor dem Bildschirm regelmäßig nach alten Hundedecken riechende Mikrowellengerichte essen, wollen wir heute gar nicht erst reden. Auch nicht darüber, dass es nicht schön ist, wenn nach dem Urlaub eine Wurstsemmel in ihren Einzelteilen aus den Zwischenräumen der Tastatur fällt, wenn man diese in die Höhe hält und umdreht. Die Sitten im Büro sind immer nur so rau wie das Leben draußen auf der Straße. Und die Straßen sind aus Dreck gebaut. Alles, was ich sagen kann ist: Halte meinen Bildschirm sauber. Wahres Gold liegt nicht dort, es liegt unten auf der Straße. Und Straßen sind aus Dreck gebaut. (Rondo, DER STANDARD, 2.11.2012)