Neuchâtel - Das Dossier der US-Anti-Doping-Agentur (USADA) zum Fall Lance Armstrong hat die Doping-Praxis im Radsport offengelegt. Die USADA strich dem US-Amerikaner alle Ergebnisse ab August 1998, der Weltverband (UCI) schloss sich den Sanktionen an und löschte den Namen des siebenfachen Rekord-Gewinners (1999-2005) aus der Siegerliste der Tour de France. Doch etliche Sportrechtsexperten bezweifeln die Rechtmäßigkeit dieser "politischen Entscheidung".

"Die Affäre ist wegen ihrer Tragweite außergewöhnlich, aber das ist kein Grund, nicht die Regeln anzuwenden, sie sogar zu ignorieren", erklärt Antonio Rigozzi, Rechtsprofessor aus Neuchâtel. Um einen "medialen Selbstmord" zu vermeiden, habe es die UCI vorgezogen, die USADA-Entscheidung zu übernehmen, und damit den politischen über den juridischen Aspekt gestellt. Vor allem die Entscheidungen betreffend Verjährung (es gilt eine achtjährige Frist) erscheinen Juristen als fragwürdig. Rigozzis Kollege und Landsmann Alexis Schoeb meint, bei Armstrongs geständigen Ex-Teamkollegen habe man die Frist sehr wohl eingehalten. "Da wurde mit zweierlei Maß gemessen", sagt Schoeb und wünscht sich, dass der Fall vor das Oberste Sportgericht kommt.

Laut dem französischen Anwalt Jean-Jacques Bertrand wollte "niemand als Armstrong-Verteidiger gelten. Aber Richter müssen das Recht so anwenden, wie es festgeschrieben ist". (red, APA, DER STANDARD, 2.11.2012)