Auf der Spenadlwiese im Prater sind die Vienna Wanderers daheim. Hier wird gespielt, trainiert und von Legionären gelernt.

Foto: Heribert Corn/STANDARD

Felix Zimmerle wechselt von Wien nach Arizona.

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Wien - Jeden Tag übt der 18-jährige Wiener Felix Zimmerle an seinem Schwung, seinem Fangvermögen. Zimmerle ist Baseballer, in Wien, doch sehr bald schon wird er für ein amerikanisches Junior College spielen.

Die aktuelle Saison ist gelaufen, die Sieger am Ende hießen San Fransisco Giants (Major League) und Vienna Wanderers (Österreich). Zimmerle hat einiges zum Titelgewinn der Wanderers beigetragen. Immer wieder versucht er diejenigen zu ignorieren, die ihm sagen, er solle doch "etwas Richtiges spielen" - Fußball etwa. "Sie respektieren es nicht, sie akzeptieren es nicht", sagt Zimmerle vor einem Training im Sportzentrum Spenadlwiese in Wien, "und ich beachte das nicht."

Zimmerle, Pitcher (Werfer) und Third-Baseman, ist einer der wenigen Baseballer in Österreich, die eine Chance darauf haben, bald in den USA zu spielen. Wer im Junior College spielt, ist nur einen Schritt weit davon entfernt, für die Mannschaft einer großen Universität zu spielen, was wiederum das Sprungbrett zum Profi-Baseball wäre. Die Chance ist da, aber natürlich gering. Seit dem Zweiten Weltkrieg spielte ein einziger Österreicher in den "Major Leagues", er hieß Kurt Krieger, war von 1949 bis '51 für die St. Louis Cardinals aktiv. Krieger starb 1970 im Alter von 44 Jahren an Krebs.

Erfolg unter dem Radar

Es wird nicht leicht werden, das weiß Zimmerle. Doch er glaubt, dass er es schaffen kann. Baseball hat es in Österreich nie zu großer Beliebtheit gebracht. Die Anfänge wurzeln in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als amerikanische Soldaten den Sport unter Jugendlichen bekanntgemacht haben. Die Soldaten zogen ab, und Baseball verschwand wieder in der Versenkung, bis in den frühen 1980ern die Popularität des Sports einen globalen Aufschwung erfuhr. Seit 1983, als der österreichische Baseball und Softball Verband gegründet wurde, bildete sich hierzulande ein Netzwerk von Teams, dieses reicht von Schwaz in Tirol bis Wien.

Die Fangemeinde ist überraschend groß. "Sie umfasst fast 4000 Menschen", sagt Rainer Husty, Präsident der Austrian Baseball Federation. Die Österreicher schlagen sich international gar nicht schlecht, wobei die Softballerinnen mit etlichen Top-Ten-Resultaten bei EM-Endrunden noch besser abschnitten als die Herren Baseballer. Man reist in Bussen, übernachtet in Jugendherbergen. In einem kleinen Land mit wenig Baseballtradition, sagt Husty, ist es schwer, mit den Besten mitzuhalten. "Und doch glaube ich, dass Spieler in Österreich so viele Chancen auf internationalen Erfolg haben wie in jedem anderen Land auch. In den letzten Jahren habe ich große Fortschritte unserer Spieler beobachtet."

Legionäre helfen, diese Entwicklung voranzutreiben. Joe Wilson (24), ein ehemaliger US-Collegespieler, ist ein gutes Beispiel. Wilson kam heuer zu den Wanderers, für 400 Euro Taschengeld monatlich sowie Kost und Logis. Zuvor hatte er die USA nie verlassen, er sprach nicht Deutsch - aber beim Training sieht man, wie er den Spielern hilft, ihre Wurftechnik zu verbessern, oder ihnen zeigt, wie sie in die Base rutschen müssen. "Ich mag es hier sehr, aber das ist nichts für jeden", sagt Wilson, "ich träume immer noch vom Profi-Baseball. Vorerst möchte ich aber Leuten wie Felix bei ihrer Entwicklung helfen."

"Ich kann mithalten"

Zimmerle hat als Sechsjähriger mit Baseball begonnen. Schon im Vorjahr absolvierte er ein Semester an einer Highschool in Indiana. "Ich habe erkannt, dass ich mithalten kann", sagt er: "Das war ein super Gefühl." Durch seine guten Leistungen hat er die Aufmerksamkeit von Trainern in Amerika erregt und sich so einen Studienplatz in einem "Junior College" in Scottsdale, Arizona, gesichert. Dort wird er Baseball nicht nur üben und spielen, sondern leben - jeden Tag. (Moises Mendoza, DER STANDARD, 2.11.2012)