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Ein Bild mit Symbolgehalt: Diesen Sommer musste das Gipfelkreuz auf dem Großvenediger versetzt werden. Das Eisfundament war weggeschmolzen.

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Salzburg - Jahrzehntelang zierte ein mächtiges Kreuz den Gipfel des Großvenedigers. Diesen Sommer drohte der Gipfelschmuck auf dem mit mit mehr als 3650 Metern höchsten Berg Salzburgs umzukippen: Innerhalb der letzten zehn Jahre sind rund sieben Meter Eis abgeschmolzen, das Kreuz hatte kein Fundament mehr. In einer mühevollen Aktion der Prägratener Bergrettung wurde das Kreuz im August versetzt und auf einem bereits aperen Felsblock verankert.

Wesentlich aufwändiger und kostenintensiver war die Sanierung des Gamsgrubenweges. Der Ausflugsweg bei der Franz-Josephs-Höhe in 2362 Meter Seehöhe an der Glockner-Hochalpenstraße musste 1999 aufgrund erhöhter Felssturzgefahr gesperrt werden. Erst 2003 konnte der mit fünf Tunneln mit insgesamt knapp einem Kilometer Länge gesicherte Weg wieder freigegeben werden. Kosten: zwei Millionen Euro. Und um zu verhindern, dass das Zittelhaus und das Observatorium auf dem Gipfel des Rauriser Sonnblicks in die Tiefe stürzen, musste der Gipfelbereich auf rund 3100 Meter Seehöhe mit Betonankern gesichert werden. Kostenpunkt laut Alpenverein: 500.000 Euro.

Hütten aufgelassen

Beispiele wie sich Temperaturanstieg und Rückzug der Permafrostgebiete im Alpenraum auswirken, gibt es viele. Selbst Hütten werden aufgelassen. Die Hofmannshütte etwa wurde Mitte des 19. Jahrhunderts am Rande des Pasterzengletschers errichtet, heute steht sie 300 Höhenmeter über dem Gletscher. Sie ist für die Glockner-Besteigung nutzlos und dem Verfall preisgegeben.

Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht: Bis 2030 werden im Bereich des Großglockners 23 Prozent des Geländes stark felssturzgefährdet sein, prognostiziert der Leiter des Instituts für Geografie und Raumforschung an der Uni Graz, Gerhard Lieb. Lieb hatte im Auftrag des Wirtschaftsministeriums das Gefährdungspotenzial für die Bergwege rund um Österreichs höchsten Gipfel erhoben.

Von großflächigen Sperren geht Lieb im Standard-Gespräch am Rande einer Tagung beim International Mountain Summit im Südtiroler Brixen aber nicht aus. Einzelne Routen müssten aufgelassen werden, vieles sei aber mit lokalen Maßnahmen reparierbar: "Die Entwicklung des Alpinismus läuft parallel zur Klimaerwärmung, wir haben damit umzugehen gelernt."

Teure Schadensbehebung

Aber auch lokale Maßnahmen gehen ins Geld. Etwa 200.000 Euro müsse der AV heuer für die Schadensbehebung "im Bereich der hohen Übergänge" zusätzlich zum normalen Wege-Budget von 700.000 Euro berappen, berichtet AV-Hüttenreferent Peter Kapelari.

Für den Geografen Lieb ist das Auftauen des Permafrostes aber nur ein Teilaspekt der Debatte um die Erhaltung der touristisch so wichtigen Infrastruktur. Von ebenso großer Bedeutung sei der Rückgang der ehrenamtlichen Helfer in den alpinen Vereinen und die Praxis, dass nach Unfällen immer öfter die Wegeerhalter in Schadensersatzprozesse verwickelt werden.

Klimahistorisch gesehen ist der Plafonds übrigens längst noch nicht erreicht. In der Zeit ab der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren seien die Gletscher schon einmal viel kleiner gewesen als heute, sagt der Innsbrucker Geograf Kurt Nicolussi. "Beim Temperaturmaximum haben wir noch Spielraum nach oben." (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 2.11.2012)